Die Bestie von Florenz
Bei einem Urlaub in der Toskana erfährt Thrillerautor Douglas Preston von einer spektakulären, unaufgeklärten Mordserie. Die Bestie von Florenz hat bereits sieben Paare brutal ermordet. Zusammen mit dem italienischen Journalisten Mario Spezi beginnt Preston zu recherchieren.
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Produktinformationen zu „Die Bestie von Florenz “
Bei einem Urlaub in der Toskana erfährt Thrillerautor Douglas Preston von einer spektakulären, unaufgeklärten Mordserie. Die Bestie von Florenz hat bereits sieben Paare brutal ermordet. Zusammen mit dem italienischen Journalisten Mario Spezi beginnt Preston zu recherchieren.
Klappentext zu „Die Bestie von Florenz “
Douglas Preston will einen schönen Sommer in der Toskana verbringen - doch dann erfährt er von einer spektakulären Mordserie. Die Bestie von Florenz hat sieben Paare brutal ermordet, und trotz langjähriger Polizeiarbeit, unzähligen Verdächtigen und Verurteilungen scheinen die Verbrechen noch nicht aufgeklärt zu sein. Gemeinsam mit dem italienischen Journalisten Mario Spezi beginnt Douglas Preston zu recherchieren. Die beiden decken nicht nur Ermittlungsfehler und Ungereimtheiten der italienischen Rechtsprechung auf, sondern geraten selbst in das Fadenkreuz der Ermittler. Der internationale Bestseller exklusiv im Knaur Taschenbuch: eine faszinierende und schockierende Anatomie des Verbrechens!
Douglas Preston will einen schönen Sommer in der Toskana verbringen - doch dann erfährt er von einer spektakulären Mordserie. Die Bestie von Florenz hat sieben Paare brutal ermordet, und trotz langjähriger Polizeiarbeit, unzähligen Verdächtigen und Verurteilungen scheinen die Verbrechen noch nicht aufgeklärt zu sein. Gemeinsam mit dem italienischen Journalisten Mario Spezi beginnt Douglas Preston zu recherchieren. Die beiden decken nicht nur Ermittlungsfehler und Ungereimtheiten der italienischen Rechtsprechung auf, sondern geraten selbst in das Fadenkreuz der Ermittler. Der internationale Bestseller exklusiv im Knaur Taschenbuch: eine faszinierende und schockierende Anatomie des Verbrechens!
Lese-Probe zu „Die Bestie von Florenz “
Die Bestie von Florenz von Douglas Preston und Mario SpeziEinleitung
1969, in dem Jahr, als der Mensch auf dem Mond landete, verbrachte ich einen unvergesslichen Sommer in Italien. Ich war dreizehn Jahre alt. Meine Familie mietete eine Villa an der toskanischen Küste, die auf einem Kalksteinfelsen über dem Mittelmeer lag. Meine beiden Brüder und ich trieben uns den ganzen Sommer lang bei einer archäologischen Ausgrabungsstätte herum und schwammen an einem kleinen Strand im Schatten einer Burg aus dem 15. Jahrhundert, genannt Puccinis Turm, weil der Komponist hier Turandot geschrieben hatte. Wir grillten Tintenfi sch am Strand, schnorchelten zwischen den Riffen und sammelten uralte römische Tesserae, die das erodierende Ufer freigab. In einem nahen Hühnerstall fand ich den Rand einer römischen Amphore, zweitausend Jahre alt, mit dem Stempel »SES« und der Abbildung eines Dreizacks versehen – die Archäologen sagten mir, das Stück habe der Familie Sestius gehört, einer der reichsten Kaufmannsfamilien der frühen römischen Republik. In einer stinkenden Bar beobachteten wir auf einem flackernden alten Schwarzweiß-Fernseher, wie Neil Armstrong den Mond betrat, während um uns herum ein Tumult losbrach. Die Hafenarbeiter und Fischer fi elen sich in die Arme und küssten sich, Tränen liefen ihnen über die rauhen Gesichter, und sie schrien: »Viva l’America! Viva l’America!«
Von jenem Sommer an wusste ich, dass ich später in Italien leben wollte.
Ich wurde Journalist und Krimiautor. 1999 kehrte ich im Auftrag des Magazins The New Yorker nach Italien zurück. Ich wollte einen Artikel über den mysteriösen Künstler Masaccio schreiben, der mit seinen beeindruckenden Fresken in der Brancacci-Kapelle in Florenz die Renaissance einleitete und im Alter von sechsundzwanzig
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Jahren starb – angeblich wurde er vergiftet. An einem kalten Februarabend, in meinem Hotelzimmer in Florenz mit Blick auf den Arno, griff ich zum Telefon, rief meine Frau Christine an und fragte sie, was sie von der Idee hielt, nach Florenz zu ziehen. Sie sagte ja. Am nächsten Morgen rief ich einen Immobilienmakler an und begann, mir Wohnungen anzusehen, und zwei Tage später hatte ich das oberste Stockwerk eines Palazzos aus dem 15. Jahrhundert gemietet. Als Schriftsteller konnte ich schließlich überall leben – warum nicht in Florenz?
Während ich in jener kalten Februarwoche durch Florenz streifte, dachte ich schon über den Krimi nach, den ich schreiben würde, wenn wir hierhergezogen waren. Er würde in Florenz spielen und sich um ein verlorenes Gemälde von Masaccio drehen.
Wir zogen also nach Italien. Christine und ich trafen am 1. August 2000 mit unseren Kindern Isaac und Aletheia, fünf und sechs Jahre alt, in Florenz ein. Erst wohnten wir in der Wohnung an der Piazza Santo Spirito, die ich gemietet hatte, und dann zogen wir aufs Land, in einen winzigen Ort namens Giogoli in den Hügeln südlich von Florenz. Dort mieteten wir ein altes Bauernhaus, versteckt an einer Hügelflanke am Ende eines Feldwegs und umgeben von Olivenhainen.
Ich begann mit der Recherche für meinen Roman. Da es ein Krimi werden sollte, musste ich so viel wie möglich über die italienische Polizei und ihre Arbeitsweise bei Ermittlungen in Mordfällen herausfinden. Ein italienischer Freund empfahl mir einen legendären toskanischen Kriminalreporter namens Mario Spezi, der mehr als zwanzig Jahre lang für La Nazione, die Tageszeitung der Toskana und Mittelitaliens, die cronaca nera (»schwarze Geschichte« oder Kriminalreportage) geliefert hatte. »Er weiß mehr über die Polizei als die Polizei selbst«, wurde mir gesagt.
So fand ich mich also im fensterlosen Hinterzimmer des Caffè Ricchi an der Piazza Santo Spirito wieder, und mir gegenüber saß Mario Spezi persönlich.
Spezi war ein Journalist der alten Schule, trocken, klug, zynisch und mit einem starken Sinn für alles Absurde. Ganz gleich, was ein menschliches Wesen tat, und sei es noch so verderbt – nichts konnte diesen Mann überraschen. Er hatte dichtes graues Haar, ein ironisches, angenehmes, wettergegerbtes Gesicht mit klugen braunen Augen, die hinter einer Goldrandbrille lauerten. Er lief in einem Trenchcoat und einem Bogart-Hut herum wie eine Figur aus einem Roman von Raymond Chandler, und er war ein großer Fan des amerikanischen Blues, des film noir und von Philip Marlowe.
Die Kellnerin brachte ein Tablett mit zwei schwarzen Espressi und zwei Gläsern Mineralwasser. Spezi atmete eine Rauchwolke aus, hielt seine Zigarette ein wenig beiseite, kippte den Espresso mit einer scharfen Handbewegung hinunter, bestellte einen weiteren und steckte sich die Zigarette wieder zwischen die Lippen.
Wir begannen uns zu unterhalten, und Spezi sprach sehr langsam, aus Rücksicht auf mein erbärmliches Italienisch. Ich beschrieb ihm den Plot meines Buchs. Eine der Hauptfiguren sollte Offizier bei den Carabinieri sein, und ich bat ihn, mir zu erklären, wie die Carabinieri arbeiteten. Spezi beschrieb mir den Aufbau der Carabinieri, ihre militärischen Ränge, wodurch sie sich von der normalen Polizei unterschieden und wie sie bei Ermittlungen vorgingen, während ich mir Notizen machte. Er versprach, mich mit einem Colonnello der Carabinieri zusammenzubringen, der ein alter Freund von ihm war. Schließlich gerieten wir ins Plaudern über Italien im Allgemeinen, und er fragte mich, wo ich wohnte.
»In einem winzigen Ort namens Giogoli.«
Spezis Augenbrauen schossen förmlich in die Höhe. »Giogoli? Das kenne ich gut. Wo genau?«
Ich nannte ihm die Adresse.
»Giogoli ... ein bezauberndes altes Dorf. Es ist für drei Wahrzeichen berühmt. Vielleicht kennen Sie sie schon?«
Ich kannte sie nicht.
Mit leicht belustigtem Lächeln fing er an zu erzählen. Die erste Sehenswürdigkeit war die Villa Sfacciata, wo einer seiner eigenen Vorfahren, Amerigo Vespucci, gelebt hatte. Vespucci war der Florentiner Navigator, Kartograph und Entdecker, der als Erster erkannte, dass sein Freund Christoph Kolumbus nicht eine unbekannte Küste Indiens, sondern einen brandneuen Kontinent entdeckt hatte. Nach ihm, Amerigo (Americus auf Latein), wurde diese Neue Welt benannt. Das zweite Wahrzeichen, fuhr Spezi fort, war ebenfalls eine Villa, genannt I Collazzi, mit einer Fassade, die angeblich von Michelangelo gestaltet worden war; Prinz Charles und Diana hatten Urlaub in dieser Villa gemacht, und dort hatte der Prinz viele seiner Aquarelle der toskanischen Landschaft gemalt.
»Und die dritte Berühmtheit?«
Spezis Lächeln wurde noch breiter. »Das ist der interessanteste Ort von allen. Er liegt direkt vor Ihrer Haustür.«
»Vor unserer Tür liegt nur ein Olivenhain.«
»Genau. Und in diesem Olivenhain hat sich einer der grauenvollsten Morde der italienischen Kriminalgeschichte ereignet.
Ein Doppelmord, begangen von unserer Version von Jack the Ripper.«
Als Krimiautor war ich eher fasziniert als bestürzt.
»Ich habe ihm seinen Namen gegeben«, erzählte Spezi. »Ich habe ihn il Mostro di Firenze genannt, die Bestie von Florenz. Ich habe von Anfang an über den Fall berichtet. Bei La Nazione hieß ich bald nur noch der ›Bestiologe‹.« Er lachte, ein plötzliches, unbekümmertes Gackern, und Rauch zischte zwischen seinen Zähnen hervor.
»Erzählen Sie mir von dieser Bestie von Florenz.«
»Sie haben noch nie von ihr gehört?«
»Nein, noch nie.«
»Ist die Geschichte in Amerika denn nicht bekannt?«
»Dort kennt sie kein Mensch.«
»Das überrascht mich. Sie kommt mir vor wie ... eine beinahe amerikanische Geschichte. Und sogar Ihr FBI war darin verwickelt – diese Verhaltensforscher, die durch Das Schweigen der Lämmer so berühmt geworden sind und die man heute ›Profiler‹ nennt. Ich habe Thomas Harris sogar bei Gericht gesehen, er hat sich Notizen auf so einem gelben Schreibblock gemacht. Es heißt, er hätte Hannibal Lecter nach dem Vorbild der Bestie von Florenz geschaffen.«
Jetzt war ich wirklich neugierig geworden. »Erzählen Sie mir die ganze Geschichte.«
Spezi kippte seinen zweiten Espresso hinunter, zündete sich noch eine Gauloises an und sprach durch Rauchwolken hindurch. Als er beim Erzählen in Fahrt geriet, holte er ein Notizbuch und einen abgegriffenen goldenen Stift aus der Tasche und begann, die Geschichte grafisch nachzuzeichnen. Der Stift huschte und schoss über das Papier, zeichnete Pfeile und Kreise und Kästchen und gestrichelte Linien, illustrierte die komplexen Verbindungen zwischen den Verdächtigen, den Morden, den Verhaftungen, den Prozessen und den vielen Sackgassen der Ermittlungen. Es war eine lange Geschichte, und während er leise erzählte, füllte sich allmählich die leere Seite seines Notizbuchs.
Ich hörte zu, erst überrascht, dann staunend. Als Krimiautor hielt ich mich für einen Connaisseur finsterer Storys. Ganz sicher hatte ich schon eine Menge davon gehört. Aber während sich die Geschichte der Bestie von Florenz vor mir entfaltete, wurde mir klar, dass sie etwas Besonderes war. Eine Geschichte, die eine ganz eigene Kategorie darstellte. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass der Fall der Bestie von Florenz möglicherweise – vielleicht – die außergewöhnlichste Kriminalgeschichte ist, von der die Welt je gehört hat.
Zwischen 1974 und 1985 wurden sieben Pärchen – insgesamt also vierzehn Menschen – beim Sex in geparkten Autos in den schönen Hügeln rund um Florenz ermordet. Der Fall war zur langwierigsten und teuersten Ermittlung in der italienischen Geschichte geworden. Fast hunderttausend Männer wurden überprüft, mehr als ein Dutzend festgenommen und die meisten von ihnen wieder entlassen, wenn die Bestie erneut zuschlug. Nicht wenige Leben wurden durch Gerüchte und falsche Anschuldigungen ruiniert. Die Florentiner jener Generation, die zur Zeit der Morde an der Schwelle zum Erwachsenwerden stand, erzählen, dass diese Geschichte die Stadt und ihr eigenes Leben verändert hat. Es gab Selbstmorde, Exhumierungen, angebliche Vergiftungen, Körperteile wurden per Post verschickt, Séancen auf Friedhöfen abgehalten und Beweise untergeschoben, es kam zu Prozessen und grausamen Rachefeldzügen seitens der Ankläger. Die Untersuchung des Falls war wie ein bösartiger Tumor, der sich rückwärts durch die Zeit fraß und auswärts in den Raum ausdehnte, bis in verschiedene andere Städte metastasierte und anschwoll mit neuen Ermittlungen, neuen Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, noch mehr Verdächtigen, weiteren Festnahmen und noch mehr Leben, die dadurch ruiniert wurden.
Trotz der längsten Mörderjagd in der Geschichte des modernen Italien wurde die Bestie von Florenz nie gefunden. Als ich im Jahr 2000 in Italien ankam, war der Fall nach wie vor ungelöst, die Bestie vermutlich immer noch auf freiem Fuß.
Spezi und ich wurden nach jenem ersten Treffen gute Freunde, und bald faszinierte der Fall mich genauso wie ihn. Im Frühjahr 2001 schickten Spezi und ich uns an, die Wahrheit aufzudecken und den wahren Mörder aufzuspüren. Dieses Buch erzählt die Geschichte dieser Suche, bei der wir schließlich dem Mann begegneten, von dem wir glauben, er könnte die Bestie von Florenz sein.
Im Verlauf der Geschichte wurden Spezi und ich selbst in sie verwickelt. Mir wurde Beihilfe zum Mord vorgeworfen, Beweisfälschung, Meineid und Strafvereitelung. Man drohte mir damit, mich zu verhaften, falls ich je wieder einen Fuß auf italienischen Boden setzen sollte. Spezi erging es noch schlimmer: Ihm warf man vor, er selbst sei die Bestie von Florenz. Dies ist die Geschichte, die Spezi erzählte.
Übersetzung: Katharina Volk
Copyright © 2008 by Splendide Mendax, Inc. and Mario Spezi
Copyright © 2009 für die deutschsprachige Ausgabe bei Knaur Taschenbuch. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München.
Während ich in jener kalten Februarwoche durch Florenz streifte, dachte ich schon über den Krimi nach, den ich schreiben würde, wenn wir hierhergezogen waren. Er würde in Florenz spielen und sich um ein verlorenes Gemälde von Masaccio drehen.
Wir zogen also nach Italien. Christine und ich trafen am 1. August 2000 mit unseren Kindern Isaac und Aletheia, fünf und sechs Jahre alt, in Florenz ein. Erst wohnten wir in der Wohnung an der Piazza Santo Spirito, die ich gemietet hatte, und dann zogen wir aufs Land, in einen winzigen Ort namens Giogoli in den Hügeln südlich von Florenz. Dort mieteten wir ein altes Bauernhaus, versteckt an einer Hügelflanke am Ende eines Feldwegs und umgeben von Olivenhainen.
Ich begann mit der Recherche für meinen Roman. Da es ein Krimi werden sollte, musste ich so viel wie möglich über die italienische Polizei und ihre Arbeitsweise bei Ermittlungen in Mordfällen herausfinden. Ein italienischer Freund empfahl mir einen legendären toskanischen Kriminalreporter namens Mario Spezi, der mehr als zwanzig Jahre lang für La Nazione, die Tageszeitung der Toskana und Mittelitaliens, die cronaca nera (»schwarze Geschichte« oder Kriminalreportage) geliefert hatte. »Er weiß mehr über die Polizei als die Polizei selbst«, wurde mir gesagt.
So fand ich mich also im fensterlosen Hinterzimmer des Caffè Ricchi an der Piazza Santo Spirito wieder, und mir gegenüber saß Mario Spezi persönlich.
Spezi war ein Journalist der alten Schule, trocken, klug, zynisch und mit einem starken Sinn für alles Absurde. Ganz gleich, was ein menschliches Wesen tat, und sei es noch so verderbt – nichts konnte diesen Mann überraschen. Er hatte dichtes graues Haar, ein ironisches, angenehmes, wettergegerbtes Gesicht mit klugen braunen Augen, die hinter einer Goldrandbrille lauerten. Er lief in einem Trenchcoat und einem Bogart-Hut herum wie eine Figur aus einem Roman von Raymond Chandler, und er war ein großer Fan des amerikanischen Blues, des film noir und von Philip Marlowe.
Die Kellnerin brachte ein Tablett mit zwei schwarzen Espressi und zwei Gläsern Mineralwasser. Spezi atmete eine Rauchwolke aus, hielt seine Zigarette ein wenig beiseite, kippte den Espresso mit einer scharfen Handbewegung hinunter, bestellte einen weiteren und steckte sich die Zigarette wieder zwischen die Lippen.
Wir begannen uns zu unterhalten, und Spezi sprach sehr langsam, aus Rücksicht auf mein erbärmliches Italienisch. Ich beschrieb ihm den Plot meines Buchs. Eine der Hauptfiguren sollte Offizier bei den Carabinieri sein, und ich bat ihn, mir zu erklären, wie die Carabinieri arbeiteten. Spezi beschrieb mir den Aufbau der Carabinieri, ihre militärischen Ränge, wodurch sie sich von der normalen Polizei unterschieden und wie sie bei Ermittlungen vorgingen, während ich mir Notizen machte. Er versprach, mich mit einem Colonnello der Carabinieri zusammenzubringen, der ein alter Freund von ihm war. Schließlich gerieten wir ins Plaudern über Italien im Allgemeinen, und er fragte mich, wo ich wohnte.
»In einem winzigen Ort namens Giogoli.«
Spezis Augenbrauen schossen förmlich in die Höhe. »Giogoli? Das kenne ich gut. Wo genau?«
Ich nannte ihm die Adresse.
»Giogoli ... ein bezauberndes altes Dorf. Es ist für drei Wahrzeichen berühmt. Vielleicht kennen Sie sie schon?«
Ich kannte sie nicht.
Mit leicht belustigtem Lächeln fing er an zu erzählen. Die erste Sehenswürdigkeit war die Villa Sfacciata, wo einer seiner eigenen Vorfahren, Amerigo Vespucci, gelebt hatte. Vespucci war der Florentiner Navigator, Kartograph und Entdecker, der als Erster erkannte, dass sein Freund Christoph Kolumbus nicht eine unbekannte Küste Indiens, sondern einen brandneuen Kontinent entdeckt hatte. Nach ihm, Amerigo (Americus auf Latein), wurde diese Neue Welt benannt. Das zweite Wahrzeichen, fuhr Spezi fort, war ebenfalls eine Villa, genannt I Collazzi, mit einer Fassade, die angeblich von Michelangelo gestaltet worden war; Prinz Charles und Diana hatten Urlaub in dieser Villa gemacht, und dort hatte der Prinz viele seiner Aquarelle der toskanischen Landschaft gemalt.
»Und die dritte Berühmtheit?«
Spezis Lächeln wurde noch breiter. »Das ist der interessanteste Ort von allen. Er liegt direkt vor Ihrer Haustür.«
»Vor unserer Tür liegt nur ein Olivenhain.«
»Genau. Und in diesem Olivenhain hat sich einer der grauenvollsten Morde der italienischen Kriminalgeschichte ereignet.
Ein Doppelmord, begangen von unserer Version von Jack the Ripper.«
Als Krimiautor war ich eher fasziniert als bestürzt.
»Ich habe ihm seinen Namen gegeben«, erzählte Spezi. »Ich habe ihn il Mostro di Firenze genannt, die Bestie von Florenz. Ich habe von Anfang an über den Fall berichtet. Bei La Nazione hieß ich bald nur noch der ›Bestiologe‹.« Er lachte, ein plötzliches, unbekümmertes Gackern, und Rauch zischte zwischen seinen Zähnen hervor.
»Erzählen Sie mir von dieser Bestie von Florenz.«
»Sie haben noch nie von ihr gehört?«
»Nein, noch nie.«
»Ist die Geschichte in Amerika denn nicht bekannt?«
»Dort kennt sie kein Mensch.«
»Das überrascht mich. Sie kommt mir vor wie ... eine beinahe amerikanische Geschichte. Und sogar Ihr FBI war darin verwickelt – diese Verhaltensforscher, die durch Das Schweigen der Lämmer so berühmt geworden sind und die man heute ›Profiler‹ nennt. Ich habe Thomas Harris sogar bei Gericht gesehen, er hat sich Notizen auf so einem gelben Schreibblock gemacht. Es heißt, er hätte Hannibal Lecter nach dem Vorbild der Bestie von Florenz geschaffen.«
Jetzt war ich wirklich neugierig geworden. »Erzählen Sie mir die ganze Geschichte.«
Spezi kippte seinen zweiten Espresso hinunter, zündete sich noch eine Gauloises an und sprach durch Rauchwolken hindurch. Als er beim Erzählen in Fahrt geriet, holte er ein Notizbuch und einen abgegriffenen goldenen Stift aus der Tasche und begann, die Geschichte grafisch nachzuzeichnen. Der Stift huschte und schoss über das Papier, zeichnete Pfeile und Kreise und Kästchen und gestrichelte Linien, illustrierte die komplexen Verbindungen zwischen den Verdächtigen, den Morden, den Verhaftungen, den Prozessen und den vielen Sackgassen der Ermittlungen. Es war eine lange Geschichte, und während er leise erzählte, füllte sich allmählich die leere Seite seines Notizbuchs.
Ich hörte zu, erst überrascht, dann staunend. Als Krimiautor hielt ich mich für einen Connaisseur finsterer Storys. Ganz sicher hatte ich schon eine Menge davon gehört. Aber während sich die Geschichte der Bestie von Florenz vor mir entfaltete, wurde mir klar, dass sie etwas Besonderes war. Eine Geschichte, die eine ganz eigene Kategorie darstellte. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass der Fall der Bestie von Florenz möglicherweise – vielleicht – die außergewöhnlichste Kriminalgeschichte ist, von der die Welt je gehört hat.
Zwischen 1974 und 1985 wurden sieben Pärchen – insgesamt also vierzehn Menschen – beim Sex in geparkten Autos in den schönen Hügeln rund um Florenz ermordet. Der Fall war zur langwierigsten und teuersten Ermittlung in der italienischen Geschichte geworden. Fast hunderttausend Männer wurden überprüft, mehr als ein Dutzend festgenommen und die meisten von ihnen wieder entlassen, wenn die Bestie erneut zuschlug. Nicht wenige Leben wurden durch Gerüchte und falsche Anschuldigungen ruiniert. Die Florentiner jener Generation, die zur Zeit der Morde an der Schwelle zum Erwachsenwerden stand, erzählen, dass diese Geschichte die Stadt und ihr eigenes Leben verändert hat. Es gab Selbstmorde, Exhumierungen, angebliche Vergiftungen, Körperteile wurden per Post verschickt, Séancen auf Friedhöfen abgehalten und Beweise untergeschoben, es kam zu Prozessen und grausamen Rachefeldzügen seitens der Ankläger. Die Untersuchung des Falls war wie ein bösartiger Tumor, der sich rückwärts durch die Zeit fraß und auswärts in den Raum ausdehnte, bis in verschiedene andere Städte metastasierte und anschwoll mit neuen Ermittlungen, neuen Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, noch mehr Verdächtigen, weiteren Festnahmen und noch mehr Leben, die dadurch ruiniert wurden.
Trotz der längsten Mörderjagd in der Geschichte des modernen Italien wurde die Bestie von Florenz nie gefunden. Als ich im Jahr 2000 in Italien ankam, war der Fall nach wie vor ungelöst, die Bestie vermutlich immer noch auf freiem Fuß.
Spezi und ich wurden nach jenem ersten Treffen gute Freunde, und bald faszinierte der Fall mich genauso wie ihn. Im Frühjahr 2001 schickten Spezi und ich uns an, die Wahrheit aufzudecken und den wahren Mörder aufzuspüren. Dieses Buch erzählt die Geschichte dieser Suche, bei der wir schließlich dem Mann begegneten, von dem wir glauben, er könnte die Bestie von Florenz sein.
Im Verlauf der Geschichte wurden Spezi und ich selbst in sie verwickelt. Mir wurde Beihilfe zum Mord vorgeworfen, Beweisfälschung, Meineid und Strafvereitelung. Man drohte mir damit, mich zu verhaften, falls ich je wieder einen Fuß auf italienischen Boden setzen sollte. Spezi erging es noch schlimmer: Ihm warf man vor, er selbst sei die Bestie von Florenz. Dies ist die Geschichte, die Spezi erzählte.
Übersetzung: Katharina Volk
Copyright © 2008 by Splendide Mendax, Inc. and Mario Spezi
Copyright © 2009 für die deutschsprachige Ausgabe bei Knaur Taschenbuch. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München.
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Autoren-Porträt von Douglas Preston, Mario Spezi
Douglas Preston wurde 1956 in Cambridge, Massachusetts, geboren. Er studierte in Kalifornien zunächst Naturwissenschaften und später Englische Literatur. Nach dem Examen startete er seine Karriere beim »American Museum of Natural History« in New York. Eines Nachts, als Preston seinen Freund Lincoln Child auf eine mitternächtliche Führung durchs Museum einlud, entstand dort die Idee zu ihrem ersten gemeinsamen Thriller, »Relic«, dem viele weitere internationale Bestseller folgten. Douglas Preston schreibt auch Solo-Bücher (»Der Codex«, »Der Canyon«, »Credo«, »Der Krater«). Außerdem arbeitet er als Journalist und schreibt für diverse Magazine. Zudem ist er Präsident der »Authors Guild«, der ältesten und größten Berufsorganisation für amerikanische Schriftsteller*innen. Er lebt an der Ostküste der USA. Mario Spezi ist ein mehrfach ausgezeichneter italienischer Journalist, der über viele der großen Verbrechen in seinem Heimatland geschrieben hat - von Mafiaaktivitäten bis Terrorismus.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Douglas Preston , Mario Spezi
- 5. Aufl., 420 Seiten, 32 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Katharina Volk
- Verlag: DROEMER KNAUR
- ISBN-10: 3426504367
- ISBN-13: 9783426504369
- Erscheinungsdatum: 05.05.2010
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