Romantik
Eine deutsche Affäre
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Produktinformationen zu „Romantik “
Klappentext zu „Romantik “
Die Romantik ist eine der zentralen Bewegungen der Geistesgeschichte, besonders der deutschen. Rüdiger Safranski zeichnet ihre Geschichte in seinem hochgelobten Buch nach, analysiert ihre Bedeutung, erzählt von Tieck, Novalis, Fichte, Schelling, Schleiermacher oder Dorothea Veit, und zeigt, wie die Romantik auch heute nichts von ihrer Faszination verloren hat.
Lese-Probe zu „Romantik “
Romantik von Rüdiger Safranski Eine deutsche Affäre
Erstes Kapitel
Romantischer Anfang: Herder sticht in See. Die Kultur neu erfinden. Individualismus und die Stimmen der Völker. Vom Schaukeln der Dinge im Strom der Zeit.
Zweieinhalb Jahrhunderte nach Kolumbus und ein Jahrhundert vor Nietzsches Losung: Auf die Schiffe, ihr Philosophen! rührte sich bei einem Abenteurer des Geistes das Verlangen, in See zu stechen und aufzubrechen ins real existierende Ungeheure. Am 17. Mai 1769 verabschiedet sich Johann Gottfried Herder von seiner Gemeinde mit den Worten: Meine einzige Absicht ist die, die Welt meines Gottes von mehr Seiten kennenzulernen. Herder ging an Bord eines Schiffes, das Roggen und Flachs nach Nantes bringen sollte, doch für ihn selbst blieb das Reiseziel noch unbestimmt, vielleicht würde er sich, so dachte er, in Kopenhagen an Land begeben, vielleicht an der nordfranzösischen Küste das Schiff wechseln und fernere Ziele ansteuern.
Die Ungewissheit beflügelte ihn, unbesorgt, wie Apostel und Philosophen, so gehe ich in die Welt, um sie zu sehen. In See stechen hieß für Herder: das Lebenselement wechseln, das Feste gegen das Flüssige, das Gewisse gegen das Ungewisse einzutauschen, es hieß, Abstand und Weite gewinnen. Auch das Pathos eines neuen Anfangs war darin. Ein Konversionserlebnis, eine innere Umkehr, ganz in der Art, wie Rousseau zwanzig Jahre vorher unter einem Baum auf der Straße nach Vincennes seine große Inspiration erlebt hatte: die Wiederentdeckung der wahren Natur unter der Kruste der Zivilisation. Noch ehe Herder neue Menschen, neue Länder und Sitten kennenlernt, macht er also eine neue Bekanntschaft mit sich selbst, mit seinem schöpferischen Selbst. Er
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überlässt sich, von den sanften Winden der Ostsee geschaukelt, seinem Gedankensturm. Was gibt ein Schiff, das zwischen Himmel und Meer schwebt, nicht für weite Sphären zu denken!
Alles gibt hier dem Gedanken Flügel und Bewegung und weiten Luftkreis! Das flatternde Segel, das immer wankende Schiff, der rauschende Wellenstrom, die fliegende Wolke, der weite unendliche Luftkreis! Auf der Erde ist man an einen toten Punkt angeheftet und in den engen Kreis einer Situation eingeschlossen . . . o Seele, wie wird dir’s sein, wenn du aus dieser Welt hinaustrittst? Er ist an Bord gegangen, um die Welt zu sehen, schreibt er, doch außer der bewegten Wasserwüste und einigen Küstenlinien sieht er zunächst wenig davon. Dafür aber findet er Zeit und Gelegenheit, sein bisheriges Bücherwissen zu zerstören, um herauszufinden und zu erfinden, was ich denke und glaube. Die Begegnung mit einer fremden Welt wird zur Selbstbegegnung.
Das ist das Charakteristische dieses deutschen Aufbruchs: aus beschränkten Bordmitteln und in der Einsamkeit auf hoher See erzeugt sich dieser vom Fernweh gepackte Prediger eine neue Welt; er trifft keine Indianer, stürzt keine Azteken- und Inkareiche, schleppt keine Goldschätze und Sklaven heran, unternimmt keine neue Vermessung der Welt; seine neue Welt ist eine, die im Handumdrehen wieder Buchform annehmen wird. Herder, der das Repositorium voll Papier und Bücher, das nur in die Studierstube gehört, hinter sich lassen wollte, wird am Ende doch wieder von der Bücherwelt eingeholt, denn, noch auf dem Schiff, schwelgt er in literarischen Projekten.
Welch ein Werk über das menschliche Geschlecht! den menschlichen Geist! die Kultur der Erde! aller Räume! Zeiten! Völker! Kräfte! Mischungen! Gestalten! Asiatische Religion! und Chronologie und Polizei und Philosophie . . . Griechisches Alles! Römisches Alles! Nordische Religion, Recht, Sitten, Krieg, Ehre! Papistische Zeit, Mönche, Gelehrsamkeit! . . . Chinesische, Japanische Politik! Naturlehre einer neuen Welt! Amerikanische Sitten usw. . . . Universalgeschichte der Bildung der Welt! Herder zehrte ein Leben lang von den Ideen, die ihm auf bewegter See durch den Kopf gegangen waren. Das Tagebuch, das sie verzeichnete – ein bedeutendes literarisch-philosophisches Dokumente der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – erschien zwar erst postum 1846 unter dem Titel »Journal meiner Reise im Jahr 1769«, aber der es geschrieben hatte, begegnete nach der Reise 1771 in Straßburg diesem vielversprechenden jungen Mann, Goethe, den das Ideengestöber mächtig anzog und der vieles davon weitergab und fortsetzte, was er von ihm zu hören bekam.
Im zehnten Buch von »Dichtung und Wahrheit« erinnert sich Goethe an die zufällige erste Begegnung im Treppenaufgang eines Straßburger Gasthauses, wo Herder für die Zeit einer langwierigen und schmerzhaften Behandlung an den Tränendrüsen Quartier genommen hatte. Goethe schildert, dass ihm Herder vorgekommen sei wie ein Abbé, mit seinem gepuderten und zu Locken aufgesteckten Haar; elegant, wie er die Treppe emporstieg, die Enden des schwarzen seidenen Mantels lässig in die Hosentaschen gesteckt. Goethe war damals der Empfangende, Lernende. Dem fünf Jahre Älteren fühlte er sich in fast allen Belangen unterlegen. Der Umgang war schwierig. Zwar schätzte er Herders ausgebreitete Kenntnisse und tiefe Einsichten, aber er musste auch dessen Schelten und Tadeln ertragen.
Das war er nicht gewohnt, denn bisher, schreibt Goethe, hatten die älteren und überlegenen Personen ihn mit Schonung zu bilden gesucht, ihn vielleicht durch Nachgiebigkeit sogar verzogen. Von Herder aber, der ihm mit seinen Ideen den Kopf neu aufsetzte, konnte man niemals eine Billigung erwarten, man mochte sich anstellen, wie man wollte. Goethe musste also zuvor seine Eitelkeit überwinden, um sich zu neuen Ansichten täglich, ja stündlich befördern lassen zu können. Er sah in Herder den Abenteurer des Geistes, der von hoher See zurückgekehrt ist und den frischen Fahrtwind mitbringt, der die Phantasie anregt. So eingestimmt schreibt er ihm am 10. Juli 1772: Noch immer auf der Woge mit meinem kleinen Kahn, und wenn die Sterne sich verstecken, schweb ich so in der Hand des Schicksals hin, und Mut und Hoffnung und Furcht und Ruh wechseln in meiner Brust.
Wahrscheinlich hatte Herders Aufbruch und Ausbruch dem jungen Goethe das Vorbild gegeben für die Studierzimmer-Szene im »Urfaust«, die noch unter dem Eindruck der ersten Begegnung mit Herder entstanden war. Weh! steck ich in dem Kerker noch? / . . . / Beschränkt von all dem Bücherhauf, / . . . / Flieh! Auf hinaus ins weite Land . . . Wie Faust aus dem dumpfen Mauerloch seiner Studierstube, so war eben auch Herder aus der Rigaer Domkirche geflohen. Eine Fülle von Ideen sind ihm bei seiner Reise gekommen. Damals liegt noch alles in schöner Verwirrung ungeschieden beieinander. Er sucht noch nach einer Sprache, um das innere Gewoge zu fassen. Die Vernunft, so schreibt er, ist immer eine spätere Vernunft. Sie arbeitet mit Begriffen der Kausalität und kann darum das schöpferische Ganze so nicht begreifen. Warum?
Kausale Vorgänge sind vorhersehbar, schöpferische nicht. Deshalb sucht Herder nach einer Sprache, die sich der geheimnisvollen Bewegtheit des Lebens anschmiegt, eher Metaphern als Begriffe. Vieles bleibt vage, angedeutet, geahnt. Bei manchen Zeitgenossen wird Herder mit dem Schwebenden und Schweifenden seiner Sprache Anstoß erregen. Kant beispielsweise schrieb einmal mit ironischer Bescheidenheit an Hamann, dieser möge ihm doch erklären, was sein Freund Herder denke, aber womöglich in der Sprache der Menschen . . . denn ich armer Erdensohn bin zu der Göttersprache der anschauenden Vernunft gar nicht organisiert. Was man mir aus den gemeinen Begriffen nach logischen Regeln vorbuchstabieren kann, das erreiche ich noch wohl. Herder war unbescheiden genug, den Begriff der Vernunft erneuern zu wollen – auch gegen Kant, bei dem er zunächst studiert hatte und dem er freundschaftlich verbunden war.
Solange Kant, in seiner vorkritischen Phase, kosmologische Spekulationen über die Entstehung des Weltalls, der Sonnensysteme und der Erde anstellte und anthropologische, völkerkundliche und geographische Forschungen vortrug, fühlte sich Herder ihm auch geistig verbunden. Das war nach seinem Geschmack, dieses Staunen vor der Vielfalt der erscheinenden Welt. Als der Königsberger Philosoph aber begann, dem Verstand seine Grenzen vorzurechnen und die Bedeutung der Intuition und Anschauung herabzusetzen, trennten sich die Wege. Die »Kritik der reinen Vernunft« galt Herder als leerer Wortkram und Ausdruck unfruchtbarer Bedenklichkeiten.
Wie Hegel eine Generation später hielt er Kant vor, es könnte die Furcht zu irren selbst der Irrtum sein. Er jedenfalls wollte sich von den erkenntniskritischen Präliminarien nicht behindern lassen, sondern ins volle Leben greifen. Herder spricht von der lebendigen im Gegensatz zur abstrakten Vernunft. Die lebendige Vernunft ist konkret, sie taucht ein ins Element der Existenz, des Unbewussten, Irrationalen, Spontanen, also ins dunkle, schöpferische, treibend-getriebene Leben. ›Leben‹ bekommt bei Herder einen neuen, enthusiastischen Klang. Das Echo ist weithin zu hören. Kurz nach der Begegnung mit Herder wird Goethe seinen Werther ausrufen lassen: Ich finde überall Leben, nichts als Leben . . .
ISBN 978-3-596-18230-5
Fischer Taschenbuch Verlag Alle Rechte vorbehalten.
Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise,
ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar.
Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung,
Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2009
Alles gibt hier dem Gedanken Flügel und Bewegung und weiten Luftkreis! Das flatternde Segel, das immer wankende Schiff, der rauschende Wellenstrom, die fliegende Wolke, der weite unendliche Luftkreis! Auf der Erde ist man an einen toten Punkt angeheftet und in den engen Kreis einer Situation eingeschlossen . . . o Seele, wie wird dir’s sein, wenn du aus dieser Welt hinaustrittst? Er ist an Bord gegangen, um die Welt zu sehen, schreibt er, doch außer der bewegten Wasserwüste und einigen Küstenlinien sieht er zunächst wenig davon. Dafür aber findet er Zeit und Gelegenheit, sein bisheriges Bücherwissen zu zerstören, um herauszufinden und zu erfinden, was ich denke und glaube. Die Begegnung mit einer fremden Welt wird zur Selbstbegegnung.
Das ist das Charakteristische dieses deutschen Aufbruchs: aus beschränkten Bordmitteln und in der Einsamkeit auf hoher See erzeugt sich dieser vom Fernweh gepackte Prediger eine neue Welt; er trifft keine Indianer, stürzt keine Azteken- und Inkareiche, schleppt keine Goldschätze und Sklaven heran, unternimmt keine neue Vermessung der Welt; seine neue Welt ist eine, die im Handumdrehen wieder Buchform annehmen wird. Herder, der das Repositorium voll Papier und Bücher, das nur in die Studierstube gehört, hinter sich lassen wollte, wird am Ende doch wieder von der Bücherwelt eingeholt, denn, noch auf dem Schiff, schwelgt er in literarischen Projekten.
Welch ein Werk über das menschliche Geschlecht! den menschlichen Geist! die Kultur der Erde! aller Räume! Zeiten! Völker! Kräfte! Mischungen! Gestalten! Asiatische Religion! und Chronologie und Polizei und Philosophie . . . Griechisches Alles! Römisches Alles! Nordische Religion, Recht, Sitten, Krieg, Ehre! Papistische Zeit, Mönche, Gelehrsamkeit! . . . Chinesische, Japanische Politik! Naturlehre einer neuen Welt! Amerikanische Sitten usw. . . . Universalgeschichte der Bildung der Welt! Herder zehrte ein Leben lang von den Ideen, die ihm auf bewegter See durch den Kopf gegangen waren. Das Tagebuch, das sie verzeichnete – ein bedeutendes literarisch-philosophisches Dokumente der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – erschien zwar erst postum 1846 unter dem Titel »Journal meiner Reise im Jahr 1769«, aber der es geschrieben hatte, begegnete nach der Reise 1771 in Straßburg diesem vielversprechenden jungen Mann, Goethe, den das Ideengestöber mächtig anzog und der vieles davon weitergab und fortsetzte, was er von ihm zu hören bekam.
Im zehnten Buch von »Dichtung und Wahrheit« erinnert sich Goethe an die zufällige erste Begegnung im Treppenaufgang eines Straßburger Gasthauses, wo Herder für die Zeit einer langwierigen und schmerzhaften Behandlung an den Tränendrüsen Quartier genommen hatte. Goethe schildert, dass ihm Herder vorgekommen sei wie ein Abbé, mit seinem gepuderten und zu Locken aufgesteckten Haar; elegant, wie er die Treppe emporstieg, die Enden des schwarzen seidenen Mantels lässig in die Hosentaschen gesteckt. Goethe war damals der Empfangende, Lernende. Dem fünf Jahre Älteren fühlte er sich in fast allen Belangen unterlegen. Der Umgang war schwierig. Zwar schätzte er Herders ausgebreitete Kenntnisse und tiefe Einsichten, aber er musste auch dessen Schelten und Tadeln ertragen.
Das war er nicht gewohnt, denn bisher, schreibt Goethe, hatten die älteren und überlegenen Personen ihn mit Schonung zu bilden gesucht, ihn vielleicht durch Nachgiebigkeit sogar verzogen. Von Herder aber, der ihm mit seinen Ideen den Kopf neu aufsetzte, konnte man niemals eine Billigung erwarten, man mochte sich anstellen, wie man wollte. Goethe musste also zuvor seine Eitelkeit überwinden, um sich zu neuen Ansichten täglich, ja stündlich befördern lassen zu können. Er sah in Herder den Abenteurer des Geistes, der von hoher See zurückgekehrt ist und den frischen Fahrtwind mitbringt, der die Phantasie anregt. So eingestimmt schreibt er ihm am 10. Juli 1772: Noch immer auf der Woge mit meinem kleinen Kahn, und wenn die Sterne sich verstecken, schweb ich so in der Hand des Schicksals hin, und Mut und Hoffnung und Furcht und Ruh wechseln in meiner Brust.
Wahrscheinlich hatte Herders Aufbruch und Ausbruch dem jungen Goethe das Vorbild gegeben für die Studierzimmer-Szene im »Urfaust«, die noch unter dem Eindruck der ersten Begegnung mit Herder entstanden war. Weh! steck ich in dem Kerker noch? / . . . / Beschränkt von all dem Bücherhauf, / . . . / Flieh! Auf hinaus ins weite Land . . . Wie Faust aus dem dumpfen Mauerloch seiner Studierstube, so war eben auch Herder aus der Rigaer Domkirche geflohen. Eine Fülle von Ideen sind ihm bei seiner Reise gekommen. Damals liegt noch alles in schöner Verwirrung ungeschieden beieinander. Er sucht noch nach einer Sprache, um das innere Gewoge zu fassen. Die Vernunft, so schreibt er, ist immer eine spätere Vernunft. Sie arbeitet mit Begriffen der Kausalität und kann darum das schöpferische Ganze so nicht begreifen. Warum?
Kausale Vorgänge sind vorhersehbar, schöpferische nicht. Deshalb sucht Herder nach einer Sprache, die sich der geheimnisvollen Bewegtheit des Lebens anschmiegt, eher Metaphern als Begriffe. Vieles bleibt vage, angedeutet, geahnt. Bei manchen Zeitgenossen wird Herder mit dem Schwebenden und Schweifenden seiner Sprache Anstoß erregen. Kant beispielsweise schrieb einmal mit ironischer Bescheidenheit an Hamann, dieser möge ihm doch erklären, was sein Freund Herder denke, aber womöglich in der Sprache der Menschen . . . denn ich armer Erdensohn bin zu der Göttersprache der anschauenden Vernunft gar nicht organisiert. Was man mir aus den gemeinen Begriffen nach logischen Regeln vorbuchstabieren kann, das erreiche ich noch wohl. Herder war unbescheiden genug, den Begriff der Vernunft erneuern zu wollen – auch gegen Kant, bei dem er zunächst studiert hatte und dem er freundschaftlich verbunden war.
Solange Kant, in seiner vorkritischen Phase, kosmologische Spekulationen über die Entstehung des Weltalls, der Sonnensysteme und der Erde anstellte und anthropologische, völkerkundliche und geographische Forschungen vortrug, fühlte sich Herder ihm auch geistig verbunden. Das war nach seinem Geschmack, dieses Staunen vor der Vielfalt der erscheinenden Welt. Als der Königsberger Philosoph aber begann, dem Verstand seine Grenzen vorzurechnen und die Bedeutung der Intuition und Anschauung herabzusetzen, trennten sich die Wege. Die »Kritik der reinen Vernunft« galt Herder als leerer Wortkram und Ausdruck unfruchtbarer Bedenklichkeiten.
Wie Hegel eine Generation später hielt er Kant vor, es könnte die Furcht zu irren selbst der Irrtum sein. Er jedenfalls wollte sich von den erkenntniskritischen Präliminarien nicht behindern lassen, sondern ins volle Leben greifen. Herder spricht von der lebendigen im Gegensatz zur abstrakten Vernunft. Die lebendige Vernunft ist konkret, sie taucht ein ins Element der Existenz, des Unbewussten, Irrationalen, Spontanen, also ins dunkle, schöpferische, treibend-getriebene Leben. ›Leben‹ bekommt bei Herder einen neuen, enthusiastischen Klang. Das Echo ist weithin zu hören. Kurz nach der Begegnung mit Herder wird Goethe seinen Werther ausrufen lassen: Ich finde überall Leben, nichts als Leben . . .
ISBN 978-3-596-18230-5
Fischer Taschenbuch Verlag Alle Rechte vorbehalten.
Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise,
ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar.
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Autoren-Porträt von Rüdiger Safranski
Rüdiger Safranski, geboren 1945, studierte Germanistik, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte und arbeitete danach als Wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin und in der Erwachsenenbildung. Seit 1985 ist er als freier Autor tätig, dessen Werke mittlerweile in 26 Sprachen übersetzt sind. Er wurde mit dem Friedrich-Märker-Preis, dem Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik und dem Friedrich-Nietzsche-Preis ausgezeichnet. Im Fischer Taschenbuch liegen vor: 'E.T.A Hoffmann. Das Leben eines skeptischen Phantasten' (Bd. 14301), 'Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?' (Bd. 10977), 'Das Böse oder Das Drama der Freiheit' (Bd. 14298), 'Ein Meister aus Deutschland. Heidegger und seine Zeit' (Bd. 15157), 'Nietzsche. Biographie seines Denkens' (Bd. 15181), 'Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch?' (Bd. 16384), 'Romantik. Eine deutsche Affäre' (Bd. 18230), 'Schiller als Philosoph. Eine Anthologie' (Hg., Bd. 90181), Goethe und Schiller: Geschichte einer Freundschaft' (Bd. 18743), Schiller oder die Erfindung des deutschen Idealismus' (03360) sowie 'Zeit. Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen' (03685).
Bibliographische Angaben
- Autor: Rüdiger Safranski
- 2009, 9. Aufl., 416 Seiten, Maße: 12,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596182301
- ISBN-13: 9783596182305
- Erscheinungsdatum: 03.09.2009
Rezension zu „Romantik “
""Rüdiger Safranski macht uns glanzvoll mit der Romantik und dem Romantischen vertraut. Sein grandioses Buch verbindet philosophische Analyse mit anekdotischer Anschauung derart gekonnt, dass wir Seltenes vor uns haben: spannend erzählte deutsche Geistesgeschichte." Die Zeit "Rüdiger Safranskis großes Romantikbuch beschreibt eine :deutsche Affäre9 so mitreißend, als fände sie mitten in unserer Gegenwart statt. ... Safranski ist ein Zauberkünstler", Frankfurter Allgemeine Zeitung"
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