Schlangendarstellungen in Mesopotamien und Iran vom 8. bis 2. Jt. v. Chr.: Quellen, Deutungen und kulturübergreifender Vergleich
Aus vielen Kulturen der Welt gibt es sowohl archäologische, als auch ethnologische Zeugnisse von Schlangendarstellungen und mit diesen in Verbindung stehenden Riten und Mythen. Gehen die Faszination und die daraus resultierende Verehrung der Schlangen...
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Aus vielen Kulturen der Welt gibt es sowohl archäologische, als auch ethnologische Zeugnisse von Schlangendarstellungen und mit diesen in Verbindung stehenden Riten und Mythen. Gehen die Faszination und die daraus resultierende Verehrung der Schlangen möglicherweise auf ihre Zwischenstellung im Übergang von Reptilien zu Säugetieren zurück? Ihre ungewöhnlichen Lebens- und Verhaltensweisen und das fast weltweite Vorkommen, angefangen von Wasserschlangen bis hin zu Gebirgsschlangen, wären ein Auslöser für die religiöse Verehrung durch den Menschen.Die vorliegende Arbeit ist der Versuch, die aus Mesopotamien und Iran bekannten Schlangendarstellungen, die dazugehörigen Kulte und Götter und deren Entwicklung bis ins 2. vorchristliche Jahrtausend zusammenzutragen und die Fakten zu interpretieren. Ausgehend von den Schlangendarstellungen aus Mesopotamien und Iran vom 8.- 2. Jahrtausend vor Chr. wird zuerst untersucht, welche Rolle der Schlange in diesem Gebiet zukommt. Danach befasst sich die Arbeit mit Textquellen, die einen Einblick in die Ideen geben sollen, die hinter den Darstellungen stehen. Die Schlangengötter werden versuchsweise in die Göttergenealogie eingereiht und ihre Funktionen und Attribute vorgestellt. Es bleibt festzustellen, ob Darstellung und Text tatsächlich, wie bislang angenommen, verschiedene Teile der gesuchten Gesamtvorstellung liefern, oder ob beide miteinander in Verbindung gebracht werden können.
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Textprobe:3.1.4 Ningizzida
Ningizzida ist wie sein Vater Ninazu ein Unterwelts- und Kriegsgott. Man kann davon ausgehen, dass er in Lagas von Gudea eingeführt wurde, da er dort erst mit diesem auftaucht, wohingegen er in Esnunna früher schon sehr oft zu sehen ist. Gudea beruft sich auf ihn in Verbindung mit Fruchtbarkeit ("a god of much good progeny"). Sein zweiter Name Gisbanda, junger Baum, ist sowohl in der Nippur-Götterliste enthalten, als auch der Name seines Kultzentrums zwischen Ur und Lagas. Dieses Zentrum erscheint nicht in Wirtschaftstexten, sondern wird nur in Tempelhymnen als "ehrfurchteinflößender Platz mitten auf dem Feld" genannt.
Schlange und Wurzeln:
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass man Schlangen und Baumwurzeln für identisch ansah und demzufolge das Wort Wurzel mit dem Bild überkreuzter Schlangen schrieb. Hierzu passt auch die Geschichte von Inanna, wie sie in ihrem Garten in Uruk einen Baum pflanzt, in dessen Wurzelwerk eine Schlange nistet.
Inanna fischt einen ausgerissenen Baum aus dem Fluss und pflanzt ihn in ihrem Garten in Uruk ein, um daraus später ein Bett und einen Stuhl zu fertigen. Als der Baum jedoch groß genug geworden war, vermochte sie ihn nicht umzuhauen. In seinenWurzeln nistete die Schlange, die über jeden Zauber erhaben ist und in seiner Krone nistete Anzu.
In der Tat gibt es Texte, in denen Ningizzida im besonderen mit den Baumwurzeln assoziiert wird, während seine Schwester Ninazimua mit den Ästen identifiziert wird. Dies ist m. E. die symbolische Beschreibung des Kosmos, dessen beide Gegenpole Himmel und Unterwelt über die Achse des Baumes zusammengehalten werden. Während die Schlange in ihrer Form als Wurzel Stabilität garantiert, verkörpert der Anzu Vogel, in Gestalt der Baumkrone, das notwendige Gegengewicht. Der Baumstamm steht stellvertretend für die lebbare Welt, deren Ordnung und Stabilität durch die beiden Antipoden garantiert wird und von Inanna, die an anderer Stelle als Katalysator des Lebens
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angesprochen wurde, nicht aus der Verankerung gerissen werden kann.
Wie aber kam man auf die Idee, Schlangen mit Wurzeln zu identifizieren? Man weiß, dass in mesopotamischer Vorstellung die Erde auf dem Apzu schwimmt und dass Schlangen unterirdisch leben und als Quellen aus der Erde hervortreten. Die Ähnlichkeit der Wurzeln mit der Gestalt von Schlangen, die Tatsache, dass sie Wasser ansaugen und ihre Lage in der Unterwelt sind ausreichend viele Gründe, warum man sie einander gleichsetzt. Die "Wurzelschlangen" beziehen demnach ihr Wasser direkt aus dem Apzu, der selbst mit einer Schlange identifiziert werden kann.
Vorfahren Ningizzidas:
Eine Inschrift Gudeas nennt Ningizzida als den ersten Sohn des An. Auch Enki ist laut Götterliste der Erstgeborene des An, was ihn mit Ningizzida auf eine Stufe stellt und somit auch ihn zum Schlangengott macht. Wieder sieht man neben dem Bezug zur Unterwelt auch den Bezug zum Himmel für einen Schlangengott belegt. Die Reihe der Schlangengötter kann somit m. E. erweitert werden: Angefangen mit den zwei wasserbezogenen Aspekten der Schöpferschlange Himmel und Unterwelt, repräsentiert von An und Enki, folgen die als Stadtgottheiten eingesetzten Schlangengötter, nämlich Ninazu, Tispak und Ningizzida. Wie seine Vorgänger, so wird auch Ningizzida mit dem Schlangendrachen und der basmu-Drachenschlange in Verbindung gebracht. Späte Texte setzen Ningizzida, wie Ereskigal in Verbindung mit der Konstellation Hydra und mit der vergöttlichten Schlange Nirah. In der Sternkonstellation ist somit das Abbild der unterweltsbezogenen Schlange widergegeben, nachdem sie im Frühjahr in den Himmel gewechselt ist.
Vegetationszyklus und sterbende Götter:
In dem sumerischen Klagelied "In the Desert by the Early Grass" werden einige Kulte des 3. Jahrtausends über sterbende Götter unterschiedlicher Herkunft genannt. Dazu gehören nicht nur Dumuzi und die toten Könige, sondern auch eine Anzahl von Göttern aus eben jener Unt
Wie aber kam man auf die Idee, Schlangen mit Wurzeln zu identifizieren? Man weiß, dass in mesopotamischer Vorstellung die Erde auf dem Apzu schwimmt und dass Schlangen unterirdisch leben und als Quellen aus der Erde hervortreten. Die Ähnlichkeit der Wurzeln mit der Gestalt von Schlangen, die Tatsache, dass sie Wasser ansaugen und ihre Lage in der Unterwelt sind ausreichend viele Gründe, warum man sie einander gleichsetzt. Die "Wurzelschlangen" beziehen demnach ihr Wasser direkt aus dem Apzu, der selbst mit einer Schlange identifiziert werden kann.
Vorfahren Ningizzidas:
Eine Inschrift Gudeas nennt Ningizzida als den ersten Sohn des An. Auch Enki ist laut Götterliste der Erstgeborene des An, was ihn mit Ningizzida auf eine Stufe stellt und somit auch ihn zum Schlangengott macht. Wieder sieht man neben dem Bezug zur Unterwelt auch den Bezug zum Himmel für einen Schlangengott belegt. Die Reihe der Schlangengötter kann somit m. E. erweitert werden: Angefangen mit den zwei wasserbezogenen Aspekten der Schöpferschlange Himmel und Unterwelt, repräsentiert von An und Enki, folgen die als Stadtgottheiten eingesetzten Schlangengötter, nämlich Ninazu, Tispak und Ningizzida. Wie seine Vorgänger, so wird auch Ningizzida mit dem Schlangendrachen und der basmu-Drachenschlange in Verbindung gebracht. Späte Texte setzen Ningizzida, wie Ereskigal in Verbindung mit der Konstellation Hydra und mit der vergöttlichten Schlange Nirah. In der Sternkonstellation ist somit das Abbild der unterweltsbezogenen Schlange widergegeben, nachdem sie im Frühjahr in den Himmel gewechselt ist.
Vegetationszyklus und sterbende Götter:
In dem sumerischen Klagelied "In the Desert by the Early Grass" werden einige Kulte des 3. Jahrtausends über sterbende Götter unterschiedlicher Herkunft genannt. Dazu gehören nicht nur Dumuzi und die toten Könige, sondern auch eine Anzahl von Göttern aus eben jener Unt
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Bibliographische Angaben
- Autor: Birgit Kahler
- 2015, 140 Seiten, Maße: 15,5 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: disserta
- ISBN-10: 3959350562
- ISBN-13: 9783959350563
- Erscheinungsdatum: 19.05.2015
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