Wie Barney es sieht
Ausgezeichnet mit dem Giller Prize 1997. Mit Fußoten u. Nachw. v. Michael Panofsky. Aus d. Engl. v. Anette Grube
Barney Panofsky ist ein alter Jude aus Montreal, der ein mittlere Vermögen gemacht hat mit Import/Export, später mit der Produktion von unaussprechlich schlechten Seifenopern. Die 'wahre Geschichte seines vergeudeten Lebens' ist zugleich die seiner drei...
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Produktinformationen zu „Wie Barney es sieht “
Barney Panofsky ist ein alter Jude aus Montreal, der ein mittlere Vermögen gemacht hat mit Import/Export, später mit der Produktion von unaussprechlich schlechten Seifenopern. Die 'wahre Geschichte seines vergeudeten Lebens' ist zugleich die seiner drei Ehefrauen. Da ist Clara Chambers, die er aus Versehen heiratet, die zweite Mrs.Panofsky ist eine jüdisch-kanadische Prinzessin, und Miriam, die dritte, ist die richtige. Aber nach 30 Ehejahren hat auch sie die Nase voll von ihrem saufenden, fremdgehenden, ordinären, dreckschleudernden Barney. Überdies wird er verdächtigt, seinen besten Freund umgebracht zu haben, hat zunehmend Probleme mit dem Herzen, der Prostata und vor allem mit dem Gedächnis. Dass dem Leser dieser verstockte alte Sünder dennoch ans Herz wächst, liegt nicht zuletzt an seiner unbändigen, mitreißenden Lebenslust.
Lese-Probe zu „Wie Barney es sieht “
Ich hätte Hymie nicht erkannt, hätte mich nicht ein Kellner im Speisesaal des Hillcrest zum Tisch geführt, an dem er in seinem motorisierten Rollstuhl saß und döste. Von seinen dichten schwarzen Locken waren nur noch zufällig verteilte weiße Flaumflocken übrig, hauchzart wie Löwenzahnsamen, die die leichteste Brise davontragen konnte. Die Stürmerfigur war zusammengesunken zu einem nahezu leeren Sack mit ein paar hervorstehenden Knochen. Der Kellner, der Hymie zuvorkommend ein Lätzchen umgebunden hatte, schüttelte ihn wach. "Ihr Gast ist da, Mr. Mintzbaum.""Schleiß flauf dem Mam", sagte ein aufgeregter Hymie und griff mit der knochendürren, zitternden Hand, die er noch bewegen konnte, nach mir.
"Sagen Sie einfach, daß Sie sich freuen, ihn zu sehen", sagte der Kellner und zwinkerte mir zu.
Hymies Augen tränten, und sein Mund war auf einer Seite nach unten gezogen, als wäre er mit einem Draht befestigt. Spucke tröpfelte auf sein Kinn. Er lächelte oder versuchte zu lächeln, das Ergebnis war ein Loch, und deutete auf mein Glas.
"Möchten Sie etwas trinken?" fragte der Kellner.
"Einen Springbank. Pur."
"Und für Mr. Mintzbaum zweifellos das Übliche", sagte er und ging.
Mit auf und ab wackelndem Kopf fing Hymie an zu wimmern. Er griff erneut nach meiner Hand und drückte sie kaum spürbar.
"Alles in Ordnung, Hymie", sagte ich und wischte ihm die Augen und das Kinn mit dem Lätzchen ab.
Der Kellner brachte mir einen Springbank und schenkte Hymie ein Evian ein. "Floshui beshuga shlup", sagte Hymie, und die Augen traten ihm vor Anstrengung aus den Höhlen, als er sein Evian umwarf und auf mein Glas deutete.
"Nicht ungezogen sein, Mr. Mintzbaum."
"Reden Sie nicht so mit ihm", sagte ich, "und bringen Sie ihm bitte einen Springbank."
"Er darf keinen Alkohol trinken."
"Auf der Stelle", sagte ich.
"Aber nur, wenn Sie ihr sagen, daß Sie darauf bestanden haben."
"Ihr?"
"Seiner Enkelin. Mrs. Katz."
"Los schon."
"Ich weiß, was Mr. Mintzbaum ißt", sagte der Kellner und
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reichte mir d ie Speisekarte, "aber was möchten Sie...", und er hielt kurz inne, bevor er hinzufügte: "Sir?"
"Und was bekommt Mr. Mintzbaum?"
"Gedämpftes Gemüse mit einem pochierten Ei. Ohne Salz."
"Nicht heute abend. Wir wollen beide Rinderbraten und Latkes. Und vergessen Sie den Meerrettich nicht."
"Flanz schenau", sagte Hymie und wiegte sich vor Vergnügen.
"Und wir möchten eine Flasche Beaujolais. Wie ich sehe, hat Mr. Mintzbaum kein Weinglas. Bringen Sie ihm eines."
"Mrs. Katz wird an die Decke gehen."
"Tun Sie, was ich sage, und ich übernehme Mrs. Katz, sobald sie auftaucht."
"Das wird Ihre Beerdigung."
Hymie stach mit der Gabel in seinen offenen Mund und verdrehte die Augen.
"Versuch erst gar nicht zu reden, Hymie. Ich versteh kein Wort von dem, was du sagst."
Der Kellner brachte ihm seinen Springbank. Ich stieß mit ihm an, und wir tranken. "Auf uns", sagte ich, "auf die schönen Zeiten, die wir gemeinsam verbracht haben und die uns niemand nehmen kann..."
"Und was bekommt Mr. Mintzbaum?"
"Gedämpftes Gemüse mit einem pochierten Ei. Ohne Salz."
"Nicht heute abend. Wir wollen beide Rinderbraten und Latkes. Und vergessen Sie den Meerrettich nicht."
"Flanz schenau", sagte Hymie und wiegte sich vor Vergnügen.
"Und wir möchten eine Flasche Beaujolais. Wie ich sehe, hat Mr. Mintzbaum kein Weinglas. Bringen Sie ihm eines."
"Mrs. Katz wird an die Decke gehen."
"Tun Sie, was ich sage, und ich übernehme Mrs. Katz, sobald sie auftaucht."
"Das wird Ihre Beerdigung."
Hymie stach mit der Gabel in seinen offenen Mund und verdrehte die Augen.
"Versuch erst gar nicht zu reden, Hymie. Ich versteh kein Wort von dem, was du sagst."
Der Kellner brachte ihm seinen Springbank. Ich stieß mit ihm an, und wir tranken. "Auf uns", sagte ich, "auf die schönen Zeiten, die wir gemeinsam verbracht haben und die uns niemand nehmen kann..."
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Autoren-Porträt von Mordecai Richler
Mordecai Richler wurde 1931 in Montreal, Kanada, als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer geboren. Er lebte in Paris, London und New York und arbeitete als erfolgreicher Schriftsteller, Journalist und Drehbuchautor, bis es ihn wieder zurück nach Kanada zog. Mordecai Richler starb im Juli 2001 in Montreal.
Bibliographische Angaben
- Autor: Mordecai Richler
- 2002, 574 Seiten, Maße: 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404921038
- ISBN-13: 9783404921034
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