Wie funktioniert die Welt?
Die führenden Wissenschaftler unserer Zeit stellen die brillantesten Theorien vor
Brillante Theorien in der Wissenschaft - das sind solche, die tiefe und komplexe Fragen einfach, elegant und überraschend beantworten. Doch welche sind das? John Brockman, Wissenschaftsaktivist, Visionär und Literaturagent hat die führenden Wissenschaftler...
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Produktinformationen zu „Wie funktioniert die Welt? “
Klappentext zu „Wie funktioniert die Welt? “
Brillante Theorien in der Wissenschaft - das sind solche, die tiefe und komplexe Fragen einfach, elegant und überraschend beantworten. Doch welche sind das? John Brockman, Wissenschaftsaktivist, Visionär und Literaturagent hat die führenden Wissenschaftler der Welt gefragt, welche Theorie sie am brillantesten finden. Entstanden ist ein kurzweiliges, unterhaltsames und inspirierendes Panorama aus allen Bereichen der Wissenschaft; mit Beiträgen u.a. von Richard Dawkins, Steven Pinker, Gerd Gigerenzer, Anton Zeilinger, Lisa Randall, Brian Eno, Eric R. Kandel, Ernst Pöppel, Jared Diamond, Douglas Coupland und vielen anderen.»Wichtige, scharfsinnige und ambitionierte Fragen ... von einer atemberaubenden Bandbreite.«
New Scientist
»Bietet die seltene Chance, große Ideen zu entdecken, bevor sie Mainstream werden«
The New York Times
Lese-Probe zu „Wie funktioniert die Welt? “
Wie funktioniert die Welt? von John BrockmannVorwort
Die Edge-Frage
Im Jahr 1981 gründete ich den Reality Club. Von seiner Gründung bis 1996 hielt der Club seine Treffen unter anderem in chinesischen Restaurants, Künstlerlofts, den Sitzungsräumen von Investmentfirmen, Ballsälen, Museen und Wohnzimmern ab. Der Reality Club war etwas anderes als der Algonquin Round Table, die Apostles oder die Bloomsbury Group, bot aber die gleiche Qualität intellektueller Abenteuer. Die vielleicht größte Ähnlichkeit hatte er mit der Lunar Society, in der Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts in Birmingham die führenden kulturellen Gestalten des frühen Industriezeitalters zusammenkamen - James Watt, Erasmus Darwin, Josiah Wedgwood, Joseph Priestley, Benjamin Franklin. Auf ähnliche Weise war der Reality Club ein Versuch, diejenigen Menschen zusammenzuführen, die sich mit den Themen des postindustriellen Zeitalters beschäftigen.
Im Jahr 1997 ging der Reality Club unter dem neuen Namen Edge online. Auf Edge werden spekulative Gedanken vorgestellt; sie repräsentieren die vorderste Front des Denkens auf Gebieten wie Evolutionsbiologie, Genetik, Informatik, Neurophysiologie, Psychologie, Kosmologie und Physik. Aus diesen Beiträgen erwachsen eine neue Naturphilosophie, neue Wege zum Verständnis physikalischer Systeme und neue Denkweisen, die viele unserer Grundannahmen in Frage stellen.
... mehr
Für jede Jahresausgabe von Edge setze ich mich mit einer Reihe treuer Edge-Anhänger - darunter Stewart Brand, Kevin Kelly und George Dyson - zusammen, und wir planen die alljährliche Edge-Frage. Meist ist es eine Frage, die einem von uns oder unseren Korrespondenzpartnern mitten in der Nacht eingefallen ist. Eine Frage zu formulieren ist nicht einfach. (Oder, wie mein Freund und ehemaliger Mitarbeiter, der verstorbene James Lee Byars, zu sagen pflegte: »Ich kann die Frage wohl beantworten, aber bin ich auch schlau genug, um sie zu stellen?«) Wir suchen nach Fragen, die den Anlass zu unvorhergesehenen Antworten geben - sie sollen andere Menschen zu Gedanken provozieren, die ihnen normalerweise nicht kommen. Für die diesjährige Frage gebührt unser Dank wieder einmal Steven Pinker.
Vielleicht die größte Freude in der Wissenschaft erwächst aus Theorien, die aus einer kleinen Zahl einfacher Prinzipien auf überraschenden Wegen die Lösung für ein tiefgreifendes Rätsel ableiten. Solche Erklärungen bezeichnet man dann als »schön« oder »elegant«. Historische Beispiele sind Keplers Erklärung der komplizierten Planetenbahnen als einfache Ellipsen, Niels Bohrs Erklärung des Periodensystems der Elemente unter dem Gesichtspunkt der Elektronenhülle und die Erklärung von James Watson und Francis Crick für die genetische Verdoppelung durch die Doppelhelix. Von dem großen theoretischen Physiker P.A.M.Dirac stammt der berühmte Ausspruch, »dass man Schönheit in seinen Gleichungen hat, ist wichtiger, als dass sie zum Experiment passen«.
Die Edge-Frage 2012 Welches ist Ihre tiefgreifende, elegante oder schöne Lieblingserklärung?
Online war die Reaktion auf der Edge-Website (http://edge.org/ annual-question) gewaltig: Es gab rund 200 provokative (und oft langwierige) Diskussionen. Die nachfolgende Auswahl ist zwangsläufig bearbeitet. Wie es dem Geist von Edge entspricht, schließen die hier präsentierten Beiträge wissenschaftliches Denken im weitesten Sinne ein; dazu gehören Fachgebiete wie Philosophie, Mathematik, Wirtschaft, Geschichte, Sprache und menschliches Verhalten. Der gemeinsame rote Faden ist das Prinzip, eine einfache, nichtselbstverständliche Idee als Erklärung für vielfältige, komplexe Phänomene zu formulieren.
John Brockman
Verleger und Herausgeber von Edge
Susan Blackmore
Evolution durch natürliche Selektion
Psychologin; Autorin von Consciousness: An Introduction
Natürlich muss es Darwin sein. An ihn kommt nichts anderes auch nur annähernd heran. Evolution durch natürliche Selektion (oder eigentlich durch jede Form der Selektion, ob natürlich oder unnatürlich) bietet die schönste, eleganteste Erklärung der gesamten Wissenschaft. Dieser einfache, dreistufige Algorithmus erklärt mit einer einfachen Idee, warum wir in einem Universum voller Gestaltung leben. Er bietet nicht nur die Erklärung dafür, warum wir da sind, sondern auch, warum Bäume, junge Katzen, Urdu, die Bank of England, die Fußballmannschaft von Chelsea und das iPhone da sind.
Wenn diese Erklärung so einfach und leistungsfähig ist, kann man sich fragen, warum vor Darwin und Alfred Russel Wallace niemand darauf gekommen ist und warum es auch heute noch so vielen Menschen nicht gelingt, sie zu begreifen. Der Grund liegt nach meiner Auffassung darin, dass in ihrem Kern eine Tautologie vorzuliegen scheint. Wenn man sagt, »Dinge, die überleben, überleben« oder »erfolgreiche Ideen sind erfolgreich«, hat es den Anschein, als würde man überhaupt nichts sagen. Um solchen Tautologien zu ihrer Wirkung zu verhelfen, muss man den Zusammenhang hinzunehmen: eine begrenzte Welt, in der nicht alles überlebt und in der allenthalben Wettbewerb herrscht. Außerdem muss man sich klarmachen, dass diese Welt sich ständig wandelt und dass sich in ihr auch die Regeln des Wettbewerbs verschieben.
In diesem Zusammenhang ist Erfolg etwas Flüchtiges, und jetzt kann der dreistufige Algorithmus die Tautologie in eine tiefgreifende, elegante Erklärung verwandeln. Kopiere die Überlebenden viele Male mit geringfügigen Abweichungen und lasse sie auf diese sich ständig wandelnde Welt los, dann werden diejenigen, die sich für die neuen Bedingungen eignen, erhalten bleiben. Die Welt füllt sich mit Geschöpfen, Ideen, Institutionen, Sprachen, Geschichten, Software und Maschinen, die unter den Belastungen des Wettbewerbs gestaltet wurden.
Diese schöne Idee ist tatsächlich schwer zu begreifen; ich habe an den Universitäten viele Studierende kennengelernt, die Evolution an der Schule gelernt hatten und sie zu verstehen glaubten, sie aber nie wirklich begriffen hatten. Für mich gehörte es zum größten Vergnügen in der Lehre, wenn ich den erstaunten Ausdruck auf den Gesichtern der Studierenden sah, nachdem es ihnen plötzlich klargeworden war. Das war tatsächlich herzerwärmend. Als herzerwärmend bezeichne ich es aber noch aus einem anderen Grund: Wenn ich neben meinem Computer aus dem Fenster auf die Brücke über den Fluss sowie auf die Bäume und Kühe in der Ferne blicke, habe ich im Gegensatz zu manchen religiösen Menschen Freude an dem einfachen, eleganten Konkurrenzprozess, durch den sie alle ins Dasein getreten sind, und an meinem eigenen winzigen Platz in dem Ganzen.
Matt Ridley
Das Leben ist ein Digitalcode
Wissenschaftsautor, Gründungsvorsitzender des International Centre for Life; Autor von Wenn Ideen Sex haben: wie Fortschritt entsteht und Wohlstand vermehrt wird
Mich heute noch daran zu erinnern, wie rätselhaft mein Leben am Morgen des 28. Februar war und wie sich dies bis zum Mittagessen geändert hatte, fällt mir schwer. Blickt man zurück auf die vielen Antworten, die zuvor auf die Frage »Was ist Leben?« gegeben wurden, erhält man einen Eindruck davon, wie unsere Spezies sich abgemüht hat. Leben bestand aus dreidimensionalen Gebilden mit Spezifität und Komplexität (vorwiegend Proteinen). Und es konnte sich präzise verdoppeln. Wie? Wie schafft man es, eine Kopie eines dreidimensionalen Objekts herzustellen? Wie lässt man es auf vorhersehbare Weise wachsen und sich entwickeln? Das ist die wissenschaftliche Frage, auf die niemand auch nur ansatzweise eine Antwort fand. Erwin Schrödinger unternahm einen Versuch, fiel aber in die Quantenmechanik zurück, die hier ohne Bedeutung ist. Zwar bediente er sich tatsächlich des Begriffs »aperiodischer Kristall«, und wenn man großzügig ist, kann man darin die Prophezeiung eines linearen Codes sehen, aber ich glaube, damit strapaziert man die Großzügigkeit zu stark.
Noch verwirrender wurde das Problem durch die Erkenntnis, dass DNA eine entscheidende Rolle spielt - denn DNA ist von monotoner Einfachheit. Bis zum 28. Februar 1953 waren alle Erklärungen über das Leben nur aufgeblasenes Geschwätz; was den Erkenntnisgewinn anging, hätte man ebenso gut von Protoplasma und Lebensfunken sprechen können.
Dann kam die Doppelhelix, und mit ihr verstand man sofort, dass »eine Art Code«, wie Francis Crick es wenige Wochen später in einem Brief an seinen Sohn formulierte - ein digitaler, linearer, zweidimensionaler, kombinatorisch unendlicher und zur sofortigen Selbstverdoppelung fähiger Code -, alles war, was man als Erklärung brauchte. Damals, am 17. März 1953, schrieb Crick:
Mein lieber Michael,
Jim Watson und ich haben vermutlich eine höchst wichtige Entdeckung gemacht ... Wir glauben jetzt, dass die DNA ein Code ist. Das heißt, die Reihenfolge der Basen (der Buchstaben) sorgt dafür, dass ein Gen anders ist als ein anderes (genau wie eine Druckseite sich von einer anderen unterscheidet). Jetzt erkennt man, wie die Natur Kopien von Genen herstellt. Wenn nämlich die beiden Ketten sich zu zwei getrennten Ketten auseinanderwinden und wenn jede Kette dafür sorgt, dass sich an ihr eine weitere zusammenfindet, weil A immer mit T und G immer mit C zusammengehört, erhalten wir zwei Kopien, wo zuvor nur eine war. Mit anderen Worten: Wir glauben, dass wir den Kopiermechanismus gefunden haben, durch den Leben aus Leben entsteht ... Du kannst dir vorstellen, dass wir aufgeregt sind.
Nie erschien ein Rätsel am Morgen verwirrender und die Erklärung am Nachmittag offensichtlicher.
Copyright © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main.
Für jede Jahresausgabe von Edge setze ich mich mit einer Reihe treuer Edge-Anhänger - darunter Stewart Brand, Kevin Kelly und George Dyson - zusammen, und wir planen die alljährliche Edge-Frage. Meist ist es eine Frage, die einem von uns oder unseren Korrespondenzpartnern mitten in der Nacht eingefallen ist. Eine Frage zu formulieren ist nicht einfach. (Oder, wie mein Freund und ehemaliger Mitarbeiter, der verstorbene James Lee Byars, zu sagen pflegte: »Ich kann die Frage wohl beantworten, aber bin ich auch schlau genug, um sie zu stellen?«) Wir suchen nach Fragen, die den Anlass zu unvorhergesehenen Antworten geben - sie sollen andere Menschen zu Gedanken provozieren, die ihnen normalerweise nicht kommen. Für die diesjährige Frage gebührt unser Dank wieder einmal Steven Pinker.
Vielleicht die größte Freude in der Wissenschaft erwächst aus Theorien, die aus einer kleinen Zahl einfacher Prinzipien auf überraschenden Wegen die Lösung für ein tiefgreifendes Rätsel ableiten. Solche Erklärungen bezeichnet man dann als »schön« oder »elegant«. Historische Beispiele sind Keplers Erklärung der komplizierten Planetenbahnen als einfache Ellipsen, Niels Bohrs Erklärung des Periodensystems der Elemente unter dem Gesichtspunkt der Elektronenhülle und die Erklärung von James Watson und Francis Crick für die genetische Verdoppelung durch die Doppelhelix. Von dem großen theoretischen Physiker P.A.M.Dirac stammt der berühmte Ausspruch, »dass man Schönheit in seinen Gleichungen hat, ist wichtiger, als dass sie zum Experiment passen«.
Die Edge-Frage 2012 Welches ist Ihre tiefgreifende, elegante oder schöne Lieblingserklärung?
Online war die Reaktion auf der Edge-Website (http://edge.org/ annual-question) gewaltig: Es gab rund 200 provokative (und oft langwierige) Diskussionen. Die nachfolgende Auswahl ist zwangsläufig bearbeitet. Wie es dem Geist von Edge entspricht, schließen die hier präsentierten Beiträge wissenschaftliches Denken im weitesten Sinne ein; dazu gehören Fachgebiete wie Philosophie, Mathematik, Wirtschaft, Geschichte, Sprache und menschliches Verhalten. Der gemeinsame rote Faden ist das Prinzip, eine einfache, nichtselbstverständliche Idee als Erklärung für vielfältige, komplexe Phänomene zu formulieren.
John Brockman
Verleger und Herausgeber von Edge
Susan Blackmore
Evolution durch natürliche Selektion
Psychologin; Autorin von Consciousness: An Introduction
Natürlich muss es Darwin sein. An ihn kommt nichts anderes auch nur annähernd heran. Evolution durch natürliche Selektion (oder eigentlich durch jede Form der Selektion, ob natürlich oder unnatürlich) bietet die schönste, eleganteste Erklärung der gesamten Wissenschaft. Dieser einfache, dreistufige Algorithmus erklärt mit einer einfachen Idee, warum wir in einem Universum voller Gestaltung leben. Er bietet nicht nur die Erklärung dafür, warum wir da sind, sondern auch, warum Bäume, junge Katzen, Urdu, die Bank of England, die Fußballmannschaft von Chelsea und das iPhone da sind.
Wenn diese Erklärung so einfach und leistungsfähig ist, kann man sich fragen, warum vor Darwin und Alfred Russel Wallace niemand darauf gekommen ist und warum es auch heute noch so vielen Menschen nicht gelingt, sie zu begreifen. Der Grund liegt nach meiner Auffassung darin, dass in ihrem Kern eine Tautologie vorzuliegen scheint. Wenn man sagt, »Dinge, die überleben, überleben« oder »erfolgreiche Ideen sind erfolgreich«, hat es den Anschein, als würde man überhaupt nichts sagen. Um solchen Tautologien zu ihrer Wirkung zu verhelfen, muss man den Zusammenhang hinzunehmen: eine begrenzte Welt, in der nicht alles überlebt und in der allenthalben Wettbewerb herrscht. Außerdem muss man sich klarmachen, dass diese Welt sich ständig wandelt und dass sich in ihr auch die Regeln des Wettbewerbs verschieben.
In diesem Zusammenhang ist Erfolg etwas Flüchtiges, und jetzt kann der dreistufige Algorithmus die Tautologie in eine tiefgreifende, elegante Erklärung verwandeln. Kopiere die Überlebenden viele Male mit geringfügigen Abweichungen und lasse sie auf diese sich ständig wandelnde Welt los, dann werden diejenigen, die sich für die neuen Bedingungen eignen, erhalten bleiben. Die Welt füllt sich mit Geschöpfen, Ideen, Institutionen, Sprachen, Geschichten, Software und Maschinen, die unter den Belastungen des Wettbewerbs gestaltet wurden.
Diese schöne Idee ist tatsächlich schwer zu begreifen; ich habe an den Universitäten viele Studierende kennengelernt, die Evolution an der Schule gelernt hatten und sie zu verstehen glaubten, sie aber nie wirklich begriffen hatten. Für mich gehörte es zum größten Vergnügen in der Lehre, wenn ich den erstaunten Ausdruck auf den Gesichtern der Studierenden sah, nachdem es ihnen plötzlich klargeworden war. Das war tatsächlich herzerwärmend. Als herzerwärmend bezeichne ich es aber noch aus einem anderen Grund: Wenn ich neben meinem Computer aus dem Fenster auf die Brücke über den Fluss sowie auf die Bäume und Kühe in der Ferne blicke, habe ich im Gegensatz zu manchen religiösen Menschen Freude an dem einfachen, eleganten Konkurrenzprozess, durch den sie alle ins Dasein getreten sind, und an meinem eigenen winzigen Platz in dem Ganzen.
Matt Ridley
Das Leben ist ein Digitalcode
Wissenschaftsautor, Gründungsvorsitzender des International Centre for Life; Autor von Wenn Ideen Sex haben: wie Fortschritt entsteht und Wohlstand vermehrt wird
Mich heute noch daran zu erinnern, wie rätselhaft mein Leben am Morgen des 28. Februar war und wie sich dies bis zum Mittagessen geändert hatte, fällt mir schwer. Blickt man zurück auf die vielen Antworten, die zuvor auf die Frage »Was ist Leben?« gegeben wurden, erhält man einen Eindruck davon, wie unsere Spezies sich abgemüht hat. Leben bestand aus dreidimensionalen Gebilden mit Spezifität und Komplexität (vorwiegend Proteinen). Und es konnte sich präzise verdoppeln. Wie? Wie schafft man es, eine Kopie eines dreidimensionalen Objekts herzustellen? Wie lässt man es auf vorhersehbare Weise wachsen und sich entwickeln? Das ist die wissenschaftliche Frage, auf die niemand auch nur ansatzweise eine Antwort fand. Erwin Schrödinger unternahm einen Versuch, fiel aber in die Quantenmechanik zurück, die hier ohne Bedeutung ist. Zwar bediente er sich tatsächlich des Begriffs »aperiodischer Kristall«, und wenn man großzügig ist, kann man darin die Prophezeiung eines linearen Codes sehen, aber ich glaube, damit strapaziert man die Großzügigkeit zu stark.
Noch verwirrender wurde das Problem durch die Erkenntnis, dass DNA eine entscheidende Rolle spielt - denn DNA ist von monotoner Einfachheit. Bis zum 28. Februar 1953 waren alle Erklärungen über das Leben nur aufgeblasenes Geschwätz; was den Erkenntnisgewinn anging, hätte man ebenso gut von Protoplasma und Lebensfunken sprechen können.
Dann kam die Doppelhelix, und mit ihr verstand man sofort, dass »eine Art Code«, wie Francis Crick es wenige Wochen später in einem Brief an seinen Sohn formulierte - ein digitaler, linearer, zweidimensionaler, kombinatorisch unendlicher und zur sofortigen Selbstverdoppelung fähiger Code -, alles war, was man als Erklärung brauchte. Damals, am 17. März 1953, schrieb Crick:
Mein lieber Michael,
Jim Watson und ich haben vermutlich eine höchst wichtige Entdeckung gemacht ... Wir glauben jetzt, dass die DNA ein Code ist. Das heißt, die Reihenfolge der Basen (der Buchstaben) sorgt dafür, dass ein Gen anders ist als ein anderes (genau wie eine Druckseite sich von einer anderen unterscheidet). Jetzt erkennt man, wie die Natur Kopien von Genen herstellt. Wenn nämlich die beiden Ketten sich zu zwei getrennten Ketten auseinanderwinden und wenn jede Kette dafür sorgt, dass sich an ihr eine weitere zusammenfindet, weil A immer mit T und G immer mit C zusammengehört, erhalten wir zwei Kopien, wo zuvor nur eine war. Mit anderen Worten: Wir glauben, dass wir den Kopiermechanismus gefunden haben, durch den Leben aus Leben entsteht ... Du kannst dir vorstellen, dass wir aufgeregt sind.
Nie erschien ein Rätsel am Morgen verwirrender und die Erklärung am Nachmittag offensichtlicher.
Copyright © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main.
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Autoren-Porträt von John Brockman (Hg.)
Brockman, JohnDer bekannte Visionär John Brockman, ehemalige Aktionskünstler, Herausgeber der Internetzeitschrift »Edge« und Begründer der »Dritten Kultur« (»Third Culture«), leitet eine Literaturagentur in New York und hat bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht, u.a. 'Das Wissen von morgen. Was wir für wahr halten, aber nicht beweisen können: Die führenden Wissenschaftler unserer Zeit beschreiben ihre großen Ideen', 'Leben, was ist das? Ursprünge, Phänomene und die Zukunft unserer Wirklichkeit', 'Welche Idee wird alles verändern? Die führenden Wissenschaftler unserer Zeit über Entdeckungen, die unsere Zukunft bestimmen werden' und 'Wie funktioniert die Welt? Die führenden Wissenschaftler unserer Zeit stellen die brillantesten Theorien vor'. Vogel, SebastianSebastian Vogel, geboren 1955 in Berlin, ist promovierter Biologe und langjähriger Übersetzer. Neben den Werken Neil Shubins hat er Bücher von Richard Dawkins, Jared Diamond, Stephen Jay Gould und Steven Pinker ins Deutsche übertragen.
Bibliographische Angaben
- Autor: John Brockman (Hg.)
- 2013, Neuauflage, 512 Seiten, Maße: 12,5 x 19,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Herausgegeben: John Brockman
- Übersetzer: Sebastian Vogel
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596197422
- ISBN-13: 9783596197422
- Erscheinungsdatum: 11.12.2013
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eine wundervolle Lektüre. Anna Gielas Bücher
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