Die Farm
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''Ein packender Familienroman.''
Welt am Sonntag
''Feinfühlig, spannend, unterhaltsam und mit viel Liebe zum Detail geschrieben.''
Freundin
John Grisham hat ein Buch geschrieben in dem kein einziger Anwalt vorkommt. Das Ergebnis ist brillant.
In der staubigen Hitze von Arkansas wird ein neugieriger Siebenjähriger plötzlich mit der harten Realität des Lebens konfrontiert. Während Luke noch von Baseball träumt und heimlich die Erwachsenen belauscht, gerät er unvermutet in ein Drama um Liebe und Tod, in dem er selbst eine entscheidende Rolle spielt.
"Feinfühlig, spannend, unterhaltsam und mit viel Liebe zum Detail geschrieben." -- FREUNDIN
Die Farmvon John Grisham
LESEPROBE
Die Leute aus den Bergenund die Mexikaner kamen am selben Tag. Es war ein Mittwoch, Anfang September1952. Die Cardinals waren gegenüber den Dodgers fünf Spiele im Rückstand, unddie Saison dauerte nur noch drei Wochen. Es schien hoffnungslos. Die Baumwolleallerdings reichte meinem Vater bis zur Hüfte, mir über den Kopf, und vor demAbendessen flüsterten er und mein Großvater Worte, die man nur selten hörte. Eskönnte eine »gute Ernte« werden.
Sie waren Farmer, hartarbeitende Männer, die nur zum Pessimismus neigten, wenn sie über das Wetterund die Ernte sprachen. Entweder schien die Sonne zu viel, oder es regnete zuviel, im Tiefland drohten Überschwemmungen, Saatgut oder Dünger waren teurergeworden, der Abnahmepreis für Baumwolle schwankte. An einem absolut perfektenTag sagte meine Mutter manchmal leise zu mir: »Keine Sorge. Die Männer werdenetwas finden, weswegen sie sich Sorgen machen können.«
Als wir aufbrachen, umLeute aus dem Hochland zu suchen, machte sich Pappy, mein Großvater, Sorgenwegen des Lohns der Arbeiter. Sie wurden pro hundert Pfund gepflückte Baumwollebezahlt. Im Jahr zuvor hatten sie, laut meinem Großvater, einen Dollar fünfzigfür hundert Pfund bekommen. Jetzt hieß es gerüchteweise, dass ein Farmer inLake City einen Dollar sechzig zahlte.
Dieser Gedanke bedrücktemich sehr, als wir in die Stadt fuhren. Pappy sprach nie, wenn er Auto fuhr,und zwar weil er, laut meiner Mutter, die selbst keine gute Autofahrerin war,vor motorisierten Fahrzeugen Angst hatte. Unser Wagen war ein Ford Pick-upBaujahr 1939, und abgesehen von unserem alten John-Deere-Traktor war er unsereinziges Transportmittel. Das war im Prinzip kein großes Problem, außer wennwir zur Kirche fuhren und meine Mutter und meine Großmutter gezwungen waren, inihrem Sonntagsstaat eng gedrängt vorn zu sitzen, während mein Vater und ich aufder Ladefläche mitfuhren, eingehüllt in Staub. Moderne Personenwagen waren eineRarität im ländlichen Arkansas.
Pappy fuhr mit einerGeschwindigkeit von siebenunddreißig Meilen pro Stunde. Er vertrat die Theorie,dass es für jedes Automobil eine Geschwindigkeit gab, mit der es ameffizientesten fuhr, und mittels einer nur vage definierten Methode hatte erbeschlossen, dass unser alter Pick-up siebenunddreißig Meilen pro Stunde fahrensollte. Meine Mutter behauptete (mir gegenüber), das sei lächerlich. Siebehauptete außerdem, dass er und mein Vater sich irgendwann einmal gestrittenhätten, ob der Pick-up schneller fahren sollte oder nicht. Aber mein Vater saßnur selten am Steuer, und wenn ich zufälligerweise dabei war, hielt er sich andie siebenunddreißig Meilen, aus Respekt vor Pappy. Meine Mutter vermutete,dass er wesentlich schneller fuhr, wenn er allein war.
Wir bogen auf dieLandstraße, den Highway 135, und wie immer beobachtete ich Pappy dabei, wie ervorsichtig die Gänge einlegte - er trat langsam auf die Kupplung, betätigtegefühlvoll den Schalthebel am Lenkrad -, bis er die perfekte Geschwindigkeit erreichthatte. Dann lehnte ich mich zur Seite, um den Tachometer zu kontrollieren:siebenunddreißig Meilen. Er lächelte mich an, als wären wir uns beide einig,dass das die richtige Geschwindigkeit für den Wagen war.
Der Highway 135 führtegerade und eben durch das Farmland des Arkansas-Delta. So weit ich blickenkonnte, waren die Felder zu beiden Seiten weiß vor Baumwolle. Es war Zeit fürdie Ernte, eine wunderbare Zeit für mich, weil die Schule zwei Monate langgeschlossen war. Für meinen Großvater war es jedoch eine Zeit endloser Sorgen.
Rechts von uns, auf derFarm der Jordans, sahen wir eine Gruppe Mexikaner, die auf dem Feld neben derStraße arbeiteten. Sie waren vornübergebeugt, die Säcke mit Baumwolle hingenihnen über den Rücken, ihre Hände bewegten sich flink zwischen den Zweigen undrissen die Samenkapseln ab. Pappy brummte. Er mochte die Jordans nicht, weilsie Methodisten waren - und Fans der Cubs. Und dass auf ihren Feldern bereitsgepflückt wurde, war ein weiterer Grund, sie nicht zu mögen.
Unsere Farm lag knappacht Meilen von der Stadt entfernt, aber bei siebenunddreißig Meilen pro Stundedauerte die Fahrt zwanzig Minuten. Gleichbleibend zwanzig Minuten, auch wennkaum Verkehr war. Pappy hielt nichts davon, langsamere Fahrzeuge zu überholen.Natürlich war er meistens der Langsamste. In der Nähe von Black Oak stießen wirauf einen Anhänger, der bis oben hin mit schneeweißen Bergen frisch gepflückterBaumwolle beladen war. Die vordere Hälfte war mit einer Plane bedeckt, und dieMontgomery-Zwillinge, die so alt waren wie ich, hüpften vergnügt in derBaumwolle herum, bis sie uns auf der Straße entdeckten. Dann hielten sie inneund winkten. Ich winkte ebenfalls, aber mein Großvater rührte keinen Finger.Wenn er am Steuer saß, winkte oder nickte er nie jemandem zu, und zwar weil erAngst hatte, die Hände vom Lenkrad zu nehmen, behauptete meine Mutter. Siebehauptete weiterhin, dass die Leute hinter seinem Rücken über ihn redeten undsagten, er wäre unhöflich und arrogant. Ich persönlich glaube nicht, dass ersich um dieses Gerede scherte.
Wir fuhren hinter demAnhänger der Montgomerys her, bis er bei der Entkörnungsanlage abbog. Er wurdevon ihrem alten Massey-Harris-Traktor gezogen, den Frank fuhr, der ältesteMontgomery-Sohn, der in der fünften Klasse mit der Schule aufgehört hatte undvon dem alle in der Kirche glaubten, dass er noch in ernste Schwierigkeitengeraten würde.
Der Highway 135 wurde fürdie kurze Strecke durch Black Oak zur Main Street. Wir fuhren an derBaptistenkirche von Black Oak vorbei, eine seltene Ausnahme, denn normalerweisehielten wir immer für irgendeine Art Gottesdienst an. Alle Läden, Geschäfte,Betriebe, Kirchen, sogar die Schule standen an der Main Street, und anSamstagen, wenn die Leute vom Land ihre wöchentlichen Einkäufe erledigten,schob sich der Verkehr Stoßstange an Stoßstange durch den Ort. Aber es warMittwoch, und als wir in der Stadt ankamen, parkten wir vor Pop und PearlWatsons Lebensmittelladen in der Main Street.
Ich wartete auf demGehsteig, bis mein Großvater in Richtung des Ladens nickte. Das war dasZeichen, dass ich hineingehen und ein Tootsie Roll kaufen durfte, das ichanschreiben ließ. Es kostete nur einen Penny, aber es stand nicht vonvornherein fest, dass ich jedes Mal, wenn wir in der Stadt waren, eins bekommenwürde. Hin und wieder nickte er nicht, aber dann ich ging trotzdem in den Ladenund trieb mich so lange neben der Registrierkasse herum, bis mir Pearl heimlicheins zusteckte und mich streng anwies, meinem Großvater nichts davon zu sagen.Sie hatte Angst vor ihm. Eli Chandler war ein armer Mann, aber zugleich war erüber die Maßen stolz. Er würde lieber verhungern, bevor er sich Lebensmittelschenken ließe, worunter seiner Ansicht nach auch Tootsie Rolls fielen. Erhätte mich mit einem Stock geschlagen, hätte er gewusst, dass ich Süßigkeitenannahm, deswegen hatte Pearl Watson auch keine Mühe, mich auf Stillschweigeneinzuschwören.
Aber heute nickte er. Wieimmer, wenn ich eintrat, wischte Pearl die Ladentheke. Ich umarmte sie steif,dann nahm ich ein Tootsie Roll aus dem Glas neben der Kasse. Ich unterschriebschwungvoll die Quittung, und Pearl begutachtete meine Handschrift. »Wird schonbesser, Luke«, sagte sie.
»Nicht schlecht für einenSiebenjährigen«, sagte ich. Meine Mutter sorgte seit zwei Jahren dafür, dassich übte, meinen Namen in Schreibschrift zu schreiben. »Wo ist Pop?«, fragteich. Sie waren die einzigen Erwachsenen, die darauf bestanden, dass ich sie mitihrem Vornamen ansprach, wenn niemand sonst im Laden war und zuhörte. Wenn einKunde hereinkam, hieß es plötzlich wieder Mr und Mrs Watson. Ich erzählteniemandem außer meiner Mutter davon, und sie meinte, dass sie sicher keinemanderen Kind dieses Privileg zugestanden.
»Hinten im Lager - erstockt die Vorräte auf«, sagte Pearl. »Wo ist dein Großvater?«
Es war Pearls Berufung imLeben, die Wege der Stadtbewohner zu überwachen, weswegen sie auf Fragen in derRegel mit einer Gegenfrage antwortete.
»Im Tea Shoppe, schautnach den Mexikanern. Kann ich nach hinten?« Ich war entschlossen, sie an Fragenzu übertreffen.
»Besser nicht. Wollt ihrauch Leute aus den Bergen nehmen?«
»Wenn wir welche finden.Eli sagt, dass nicht mehr so viele wie früher kommen. Außerdem meint er, dasssie alle halb verrückt sind. Wo ist Champ?« Champ war der uralte Beagle, derzum Laden gehörte und nie von Pops Seite wich.
Pearl grinste, wann immerich meinen Großvater beim Vornamen nannte. Sie wollte mir gerade eine weitereFrage stellen, als die kleine Ladenglocke bimmelte und die Tür geöffnet undwieder geschlossen wurde. Ein echter Mexikaner kam herein, allein undschüchtern, wie sie es alle anfänglich waren. Pearl nickte dem neuen Kundenhöflich zu.
Ich rief: »Buenos días,señor!«
Der Mexikaner grinste undsagte verlegen »Buenos días«, bevor er nach hinten verschwand.
»Das sind gute Leute«,flüsterte Pearl, als spräche der Mexikaner Englisch und würde sich über einenette Bemerkung ärgern. Ich biss in mein Tootsie Roll und kaute es langsam,während ich die andere Hälfte wieder einpackte und in die Tasche steckte.
»Eli macht sich Sorgen,dass er ihnen zu viel zahlen muss«, sagte ich. Da sich ein Kunde im Ladenaufhielt, war Pearl plötzlich wieder geschäftig, wischte um die einzige Kasseherum Staub und rückte alles zurecht.
»Eli macht sich wegenallem Sorgen«, sagte sie.
»Er ist ein Farmer.«
»Willst du auch Farmerwerden?«
»Nein, Maam,Baseballspieler.«
»Bei den Cardinals?«
»Klar.«
Pearl summte eine Weilevor sich hin, während ich auf den Mexikaner wartete. Ich konnte noch einbisschen mehr Spanisch, das ich unbedingt an den Mann bringen wollte.
Die alten Holzregalewaren bis oben hin mit frischen Waren gefüllt. Ich liebte den Laden während derPflücksaison. Pop füllte ihn vom Boden bis zur Decke. Es war Erntezeit, undGeld wechselte die Hände.
Pappy machte die Türgerade so weit auf, dass er den Kopf hereinstecken konnte. »Fahren wir«, sagteer. Und dann: »Hallo, Pearl.«
»Hallo, Eli«, sagte sie,tätschelte mir den Kopf und schickte mich zu ihm. »Wo sind die Mexikaner?«,fragte ich Pappy, als wir auf der Straße standen. »Sollen später am Nachmittagkommen.« Wir stiegen wieder in den Pick-up und fuhren Richtung Jonesboro ausder Stadt, wo mein Großvater immer die Leute aus dem Hochland anheuerte.
Wir hielten auf demSeitenstreifen neben der Straße an, nahe einer Kreuzung mit einerSchotterstraße. Pappy war der Meinung, dass das der beste Platz war, um Leuteaus den Bergen zu finden. Ich war mir da nicht so sicher. Seit einer Wocheversuchte er vergeblich, sie anzuheuern. Ohne auch nur ein Wort zu sprechen,saßen wir bereits eine halbe Stunde in der sengenden Sonne auf der Ladefläche,als der erste Pick-up bremste. Er war sauber und hatte gute Reifen. Wenn wirGlück hatten und Arbeiter fanden, würden sie die nächsten zwei Monate bei unsleben. Wir wollten ordentliche Leute, und die Tatsache, dass dieses Fahrzeugbesser gepflegt war als Pappys, war ein gutes Zeichen.
© Heyne Verlag
Übersetzer: Anette Grube
Autoren-Porträt von John Grisham
JohnGrisham wird 1955 in Jonesboro, Arkansas, als Sohneines kleinen Bauunternehmers geboren. Er studiert Jura an der Universität vonMississippi und wird Anwalt und Strafverteidiger. 1983 wird er ins Parlamentdes Staates Mississippi gewählt. Aus Spaß beginnt er seinen ersten Roman undschreibt ihn jeden Morgen vor der Arbeit in seiner Kanzlei. 1988 erscheint seinerster Gerichstthriller Die Jury mit einer Auflage von 5000 Exemplaren. Mit seinem zweitenRoman Die Firma wird Grishamendgültig zum Bestsellerautor und hängt im Frühjahr 1991 seinen Beruf alsAnwalt und seine politischen Ämter an den Nagel, um nur noch als Schriftstellerzu arbeiten. Ihm gelingt, was noch keinem Autor bisher geglückt ist: er ist mitvier Titeln gleichzeitig in den Bestseller-Listen der New York Times Book Review vertreten, wobei ersowohl die Hardcover- als auch die Paperback-Liste anführte.
Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt der strenggläubige Baptist inOxford, einer Kleinstadt in Tennessee (wo schon William Faulkner lebte).
Interview mitJohn Grisham - Das Gespräch führteChristiane Korff
Ihr neuer Roman spielt in den Siebziger Jahren. SindIhnen die aktuellen Themen ausgegangen?
"Die Liste" ist15 Jahre alt. Ich hatte schon einhundert Seiten - damals schrieb ich noch mitder Hand -, da wurde mein zweiter Roman "Die Firma" plötzlich einRiesenerfolg. Deshalb habe ich gedacht, bleib bei dem Konzept Gerichtsthriller,leg "Die Liste" beiseite. Denn dieses Buch ist kein Anwaltsthriller,sondern es dreht sich um politische Korruption in Ford County,Mississippi.
Dort herrschen mafiöseVerhältnisse: Der Sheriff und andere Politiker werden von einem Familienclangekauft, damit dieser ungehindert seinen dunklen Geschäften wie Prostitution,Waffenschieberei und Drogenhandel nachgehen kann. Ist solch' ein Fall in derRealität vorstellbar?
Absolut. Bestechung hateine lange Tradition in Mississippi. Aber nicht nur dort. Ob in New York oderChicago, überall in unserem Land sieht es nicht anders aus. Reiche Gängster bestechen Politiker, um das zu kriegen, was siewollen.
Stimmen Sie Ihrem amerikanischen Kollegen MichaelMoore zu, dass der Präsident von der amerikanischen Ölindustrie gekauft wurde?
Diese Behauptung scheintmir zu weit zu gehen. Allerdings ist es offensichtlich, dass grosse Ölfirmen Bush unterstützen. Was den Umweltschutzbetrifft hat der Präsident ein schlechtes Ansehen. Ich bin, wie die meistenLeute, die sich für die Umwelt engagieren, angewidert von seiner Politik, weiler Gesetze vernachlässigt zugunsten der Energiekonzerneund Ölfirmen.
Es gibt keinen Zweifeldaran, dass Wal Mart tausende von kleinen Städten inden USA verwüstet hat. Auf der anderen Seite scheint diese Discountkette denLeuten das zu geben, was sie wollen. Mich persönlich stört die zunehmende Zersiedlung des Landes, deshalbversuche ich dies zu verhindern. Wir wollen Autobahnen verhindern, Fastfoodketten, Kraftwerke oder Disney World. Immerhinhaben wir es geschafft, Disney aus Virginia rauszuhalten.
Sie scheinen ja einiges gemein zu haben mit IhrenHelden, die bisweilen wie David gegen Goliath erfolgreich gegen übermächtigeKonzerne kämpfen.
(Grisham lacht): Ich binder David. Schon als junger Anwalt vertrat ich kleine Leute: Arme Leute,Menschen, die von Versicherungsfirmen übers Ohr gehauen wurden. In meinenFällen habe ich gegen riesige Kanzleien gekämpft, die diese Firmen vor Gerichtvertraten. Das habe ich zehn Jahre lang gemacht. In meinen Thrillern lasse ichDavid gegen Goliath kämpfen, weil die Leser einen jungen Mann, der gegenmächtige Konzerne antritt, grundsätzlich symphatischfinden. Solche Helden garantiereneinfachen eine gute Geschichte.
Sie selbst waren demokratischer Abgeordneter inMississippi, von 1983 - 90, warum haben Sie dieses Amt aufgegeben?
Ich bin zweimal gewähltworden. Nach sieben Jahren hatte ich genug von der Politik. Es ist ein frustierender Beruf. Bei jedem Thema musste an meineWiederwahl denken. Als Politiker ist man einfach zu abhängig von deröffentlichen Meinung.
Unterstützen Sie John Kerry?
Sicher. Ich macheWahlkampf für ihn. Ich halte auf Veranstaltungen Reden, um Spendengeldereinzusammeln.
Glauben Sie, dass Kerryeine reelle Chance hat, die Wahlen zu gewinnen?
Er wird gewinnen!
Wie kommen Sie zu dieser felsenfesten Überzeugung?
Zunächst ist Kerry ein stärkerer Kandidat als Al Gore es im Wahlkampf2000 war. Ausserdem ist Bush auf vielen Gebietenangreifbar: wegen steigender Arbeitslosigkeit, der Steuererleichterungen fürWohlhabende und auch wegen seiner Aussenpolitik. Ich wette, Bush wird im November eineNiederlage einkassieren.
In ihrem Thriller "Die Liste" schreibt derProtagonist Willie einen wütenden Kommentar gegen denVietnamkrieg, Motto, "an wie viele Orte der Welt wollen wir unsere Truppennoch schicken, um den Kommunismus zu bekämpfen?" Heute steht der Irakkriegzur Diskussion. War es richtig, dass die Amerikaner in dieses Landeinmarschiert sind?
Auf keinen Fall. Saddamwar eine regionale Plage, doch er stellte keine direkte Bedrohung für dieVereinigten Staaten dar. Es gibt keinen Beweis für eine Verbindung zwischen demIrak und Al-Quaida. Bushs Doktrin der Intervention,alle böse Buben zu eliminieren, ist idiotisch, weil dieser Prozess niemalsenden wird. Wollen wir als Nächstes in Nordkorea oder Afrika einmarschieren?Die Strategie der Achse des Bösen ist vollkommen lächerlich. Man zieht nur inden Krieg wenn man das klare, moralische Mandat hat, sein eigenes Land zuverteidigen. Doch Bush junior war besessen von der Idee, Saddam Hussein zubeseitigen, er wollte die unvollendete Arbeit seines Vaters erledigen. Nach dem11. September standen alle Verbündeten auf unserer Seite. Doch mit dem IrakFeldzug hat der Präsident eine Menge Symphatienverspielt. Die Mehrzahl der Verbündeten denkt, da sind ein Haufen von Idiotenam Werk.
Die islamistischenTerroristen sind keine Armee, die gegen Soldaten kämpfen. Sie führen einenKrieg mit Selbstmordattentätern gegen Zivilisten. Fühlen Sie sich dadurch alsAmerikaner persönlich bedroht?
Nach dem 11. Septemberwar ich in Italien und Frankreich auf einer Promotion Tour, um Bücher zusignieren. Meine europäischen Verlegerhaben mir Bodyguards zur Verfügung gestellt.
Wie bitte?
Sie befürchteten, dassich zum Ziel eines Anschlags werden könnte. Deshalb würde ich zur Zeit auchnicht gern mit Verkehrsmaschinen fliegen.
Zum Glück haben Sie ja einen Privatjet. Sie selbst,das beschreiben Sie in ihrem autobigraphischgefärbten Roman "Die Farm" sind in eher ärmlichen Verhältnissenaufgewachsen. Inzwischen sind Sie Multimillionär. Was bedeutet es für Sie,reich zu sein?
Ich muss mir keine Sorgenmehr über die Zukunft machen und kann meinen Kindern eine gute Ausbildungfinanzieren. Doch auch mit Geld bin ich derselbe geblieben, der ich vor zwanzigJahren war. Ich behandle Menschen nicht anders. Meine grundsätzlichenAuffassungen über Werte haben sich nicht geändert.
Liegt das daran, dass Sie ein gläubiger Baptist sind?
Das hat viel damit zutun. Ich bin ein überzeugter Gläubiger.
Wie Mel Gibson. Wie beurteilen Sie seinen Film"Die Passion Christi"?
Ich habe eine Menge überseinen Film gelesen. Mein Sohn Ty, er ist 22, hat ihnsich angesehen. Der Film muss sehr bewegend sein, manchmal vielleicht zugewalttätig. Aber ich werde ihn mir auf jeden Fall ansehen.
Dieses blutrünstige Machwerk, eine Mischung ausHorror und Splatter ist ziemlich umstritten. Seriösekatholische und evangelische Theologen werfen Gibson vor, er habe die Faktengefälscht. Jüdische Kritiker behaupten, der Film sei antisemitisch. Was sagenSie dazu?
Stellen Sie mir dieseFrage noch einmal, wenn ich den Film gesehen habe. Doch grundsätzlich bewundereich Mel Gibson für seine Überzeugungen, dass er 25 Millionen Dollar in"die Passion Christi" investiert hat und sich dem Druck der Kritiker,auch der jüdischen, widersetzt.
Mel Gibson ist orthodoxer Gläubiger, in Los Angeles hat er eine Kirche errichtenlassen, weil ihm die baptistische Gemeinde vor Ort zu liberal ist. Was heisst es für Sie, Baptist zu sein?
Es bedeutet, dass ich einLeben führe, dass auf moralischen Werten und Glauben basiert. Ich glaube anJesus Christus. Ich glaube an Mitgefühl und Vergebung. Familie und Ehe sind sehr wichtig für mich.
Kommen in Ihren Büchern deshalb keine Sexszenen vor?
(Grisham lacht):Vielleicht gäbe es Sex in meinen Büchern, wenn ich in der Lage wäre, darüber zuschreiben. Aber ernsthaft, sicherlich setzt mir mein Glaube Grenzen in Bezugauf Sex und Gewalt. Ich walze die Vergewaltigungsszene in "Die Liste"nicht aus, dazu besteht auch kein Anlass, jeder weissja was passiert.
Was halten Sie in dem Zusammenhang von Bushs Vorhaben, die Verfassung zu ändern unddie homosexuelle Ehe zu verbieten?
Ich bin der Ansicht, dassdie Rechte eines schwulen Paares geschützt werden sollten. Ich trete für die"Civil Union", die Gleichstellung der homosexuellen Ehe imzivilrechtlichen Sinn, ein. Ich denke eine zivilrechtliche Gemeinschaft bieteteine Menge Schutz für ein schwules Paar, was die Gleichstellung in Bezug aufdas Erbrecht, die Lebensversicherung oder die Haftpflicht betrifft. Doch ichbin gegen die gleichgeschlechtliche Ehe.
Warum? Ist das etwa ihrer Meinung nach "widerdie Natur" - so wie es die Kirche jahrhundertelanggepredigt hat?
Sie stellen mir eineFrage, über die ich bisher noch nicht nachgedacht habe. Nein, ich glaube nicht,dass die Religion die gleichgeschlechtliche Liebe verbietet. Ich hänge einfachder Idee an, dass nur Mann und Frau heiraten sollten und das dieses Konzeptnicht verletzt werden sollte - altmodisch nicht wahr?
Die Fragen stellte Christiane Korff.
- Autor: John Grisham
- 2004, 480 Seiten, Maße: 12 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Anette Grube
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453873947
- ISBN-13: 9783453873940
- Erscheinungsdatum: 01.02.2004
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