Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3
Roman
Der packendste und temporeichste Roman des großen Carlos Ruiz Zafón, der mit den beiden Weltbestsellern 'Der Schatten des Windes' und 'Das Spiel des Engels' Millionen Leser auf der ganzen Welt in den Bann schlug.
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Produktinformationen zu „Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3 “
Der packendste und temporeichste Roman des großen Carlos Ruiz Zafón, der mit den beiden Weltbestsellern 'Der Schatten des Windes' und 'Das Spiel des Engels' Millionen Leser auf der ganzen Welt in den Bann schlug.
Jäh wird das traumschöne Barcelona aus dem Schlummer gerissen und zum Schauplatz eines rasanten Abenteuers: Als Fermín, ein charmanter Herumtreiber, überraschend Besuch von einem mysteriösen Fremden bekommt, holen ihn finstere Intrigen aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs ein. Sie bedrohen nicht nur sein Leben und Liebesglück, sondern schlingen sich bald auch um das Glück seiner Freunde ...
Spannender und temporeicher als je zuvor entführt uns Carlos Ruiz Zafón mit erzählerischem Furor in eine magische Geschichte von Verfolgung, Liebe und Freundschaft.
Jäh wird das traumschöne Barcelona aus dem Schlummer gerissen und zum Schauplatz eines rasanten Abenteuers: Als Fermín, ein charmanter Herumtreiber, überraschend Besuch von einem mysteriösen Fremden bekommt, holen ihn finstere Intrigen aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs ein. Sie bedrohen nicht nur sein Leben und Liebesglück, sondern schlingen sich bald auch um das Glück seiner Freunde ...
Spannender und temporeicher als je zuvor entführt uns Carlos Ruiz Zafón mit erzählerischem Furor in eine magische Geschichte von Verfolgung, Liebe und Freundschaft.
Klappentext zu „Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3 “
Der packendste und temporeichste Roman des großen Carlos Ruiz Zafón, der mit den beiden Weltbestsellern 'Der Schatten des Windes' und 'Das Spiel des Engels' Millionen Leser auf der ganzen Welt in den Bann schlug.Jäh wird das traumschöne Barcelona aus dem Schlummer gerissen und zum Schauplatz eines rasanten Abenteuers: Als Fermín, ein charmanter Herumtreiber, überraschend Besuch von einem mysteriösen Fremden bekommt, holen ihn finstere Intrigen aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs ein. Sie bedrohen nicht nur sein Leben und Liebesglück, sondern schlingen sich bald auch um das Glück seiner Freunde ... Spannender als je zuvor entführt uns Carlos Ruiz Zafón mit erzählerischem Furor in eine magische Geschichte von Verfolgung, Liebe und Freundschaft.
Lese-Probe zu „Der Gefangene des Himmels / Barcelona Bd.3 “
Der Gefangene des Himmels von Carlos Ruiz Zafón 1
Barcelona, Dezember 1957
In jenem Jahr brachen zur Weihnachtszeit alle Tage bleiern und raureifgetüncht an. Bläuliches Halbdunkel tönte die Stadt, und die bis zu den Ohren eingemummten Menschen zeichneten mit ihrem Atem Dampfspuren in die Kälte. In diesen Tagen blieben nur wenige vor dem Schaufenster von Sempere & Söhne stehen, um sich in seine Auslagen zu vertiefen, und noch weniger rafften sich dazu auf, einzutreten und nach dem verlorenen Buch zu fragen, das ein Leben lang auf sie gewartet hatte und dessen Verkauf, von seinem poetischen Rang einmal abgesehen, den misslichen Finanzen der Buchhandlung ein wenig hätte aufhelfen können.
»Ich glaube, heute ist es so weit. Heute wird sich unser Schicksal wenden«, verkündete ich, beflügelt vom ersten Kaffee des Tages - reiner Optimismus in flüssiger Form.
Mein Vater, der seit acht Uhr früh mit Bleistift und Radiergummi der Buchhaltung beizukommen versuchte, schaute vom Ladentisch auf und beobachtete die vorbeirauschende Masse der Kunden.
»Dein Wort in Gottes Ohr, Daniel - wenn es so weitergeht und wir das Weihnachtsgeschäft verpassen, können wir im Januar nicht einmal die Stromrechnung bezahlen. Wir werden uns etwas einfallen lassen müssen.«
»Gestern hatte Fermín eine Idee«, sagte ich. »Er findet es einen meisterhaften Plan, um den Laden vor dem drohenden Bankrott zu retten.«
»Um Himmels willen.«
Ich zitierte wörtlich:
»›Vielleicht käme, wenn ich das Schaufenster in Unterhosen dekorierte, die eine oder andere literaturbeflissene, nach starken Emotionen lechzende Frau herein und würde kräftig einkaufen, denn laut den Sachverständigen liegt die Zukunft der Literatur bei den Frauen, und mein Gott, ich möchte das Weibsbild sehen, das
... mehr
dem wilden Sog dieses knorrigen Körpers widerstehen kann.‹«
Hinter mir hörte ich den Bleistift meines Vaters zu Boden fallen, und ich wandte mich um.
»Fermín dixit«, fügte ich hinzu.
Ich hatte gehofft, dieser Fermín-Einfall würde meinen Vater zum Lachen bringen, aber er verharrte in seinem Schweigen, und ich schaute ihn verstohlen an. Sempere senior schien diese Albernheit nicht nur überhaupt nicht lustig zu finden, sondern hatte auch ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt, als überlegte er, ob er das ernstlich in Betracht ziehen sollte.
»Sieh mal einer an, da hat Fermín vielleicht den Vogel abgeschossen«, murmelte er.
Ich starrte ihn an. Möglicherweise hatte die geschäftliche Dürre, die uns in den vorangegangenen Wochen gegeißelt hatte, mittlerweile den Verstand meines Vaters angegriffen.
»Willst du etwa sagen, du erlaubst ihm, in Unterhosen im Laden rumzuspazieren?«
»Nein, nein, darum geht es nicht. Das Schaufenster! Du hast mich auf eine Idee gebracht ... Vielleicht ist es noch nicht zu spät, das Weihnachtsgeschäft zu retten.«
Er verschwand im hinteren Raum und kam nach kurzer Zeit in seiner Winteruniform zurück: demselben Mantel, Schal und Hut, die ich seit Kindesbeinen an ihm kannte. Bea sagte immer, vermutlich habe er sich seit 1942 keine Kleider mehr gekauft, und alle Indizien wiesen darauf hin, dass meine Frau recht hatte. Während er in die Handschuhe schlüpfte, lächelte er vage, und in seinen Augen erschien das fast kindliche Leuchten, das nur große Vorhaben auszulösen vermochten.
»Ich lass dich eine Weile allein«, verkündete er. »Ich muss etwas erledigen.«
»Darf ich fragen, wohin du gehst?«
Er blinzelte mir zu.
»Das ist eine Überraschung. Du wirst schon sehen.«
Ich folgte ihm zur Tür und sah ihn entschlossenen Schrittes auf die Puerta del Ängel zugehen, eine Gestalt unter vielen in der grauen Flut der Passanten, die sich durch einen weiteren langen Winter aus Schatten und Asche pflügten.
2
Ich nutzte das Alleinsein, um ein wenig Radiomusik zu genießen, während ich nach meinem Gutdünken die Buchreihen in den Regalen neu ordnete. Mein Vater war der Ansicht, das Radio laufen zu lassen, wenn Kunden im Laden waren, gehöre sich nicht, und stellte ich es in Gegenwart Fermíns an, so begann dieser sogleich zu jeder Melodie irgendwelche andalusischen Bittgesänge zu trällern oder, noch schlimmer, »sinnliche Rhythmen aus der Karibik«, wie er sie nannte, zu tanzen, was mich in wenigen Minuten auf hundert brachte. Aufgrund dieser praktischen Schwierigkeiten war ich zum Schluss gekommen, dass ich den Genuss der Ätherwellen auf die seltenen Momente beschränken musste, in denen außer mir und Zehntausenden von Büchern niemand im Laden war.
An jenem Vormittag brachte Radio Barcelona den heimlichen Mitschnitt eines Fans von dem großartigen Weihnachtskonzert, das der Trompeter Louis Armstrong und seine Band drei Jahre zuvor im Hotel Windsor Palace in der Avenida Diagonal gegeben hatten. Nach den Werbepausen mühte sich der Sprecher immer damit ab, diese Klänge als Jatz zu etikettieren, und machte darauf aufmerksam, dass einige dieser Synkopen nicht unbedingt das Richtige für den spanischen Hörer seien, der ja doch eher auf die vorherrschenden Couplet, Bolero und den eben aufkommenden Yéyé abgerichtet war.
Fermín sagte immer, wäre Isaac Albéniz als Schwarzer geboren worden, so wäre der Jazz genau wie die Dosenkekse in Camprodón erfunden worden, und zusammen mit den spitzen Büstenhaltern, wie sie seine vergötterte Kim Novak in einigen der Filme trug, die wir in den Vormittagsvorstellungen des Kinos Fémina sahen, sei dieser Sound eine der wenigen echten Errungenschaften der Menschheit im bisherigen 20. Jahrhundert. Darüber mochte ich nicht mit ihm streiten. In die Magie dieser Musik und den Geruch der Bücher gehüllt, ließ ich den Rest des Vormittags verstreichen und genoss in stiller Zufriedenheit meine einfache, aber gewissenhaft ausgeführte Arbeit.
Fermín hatte den Vormittag freigenommen, um, wie er sagte, letzte Vorbereitungen für seine auf Anfang Februar angesetzte Hochzeit mit der Bernarda zu treffen. Als er das Thema knapp zwei Wochen zuvor zum ersten Mal zur Sprache gebracht hatte, hatten wir alle gesagt, er überstürze das Ganze und Eile führe nirgends hin. Mein Vater hatte ihn zu überzeugen versucht, die Trauung wenigstens zwei oder drei Monate hinauszuschieben, mit dem Argument, Hochzeiten seien etwas für den Sommer und schönes Wetter, aber Fermín hatte an dem Datum festgehalten, denn ein Typ wie er, abgehärtet im rau-trockenen Klima der extremadurischen Hügel, gerate über die Maßen ins Schwitzen, sobald der Sommer die mediterrane, seiner Meinung nach semitropische Küste erreiche, und es mache sich schlecht, seine Verehelichung mit tortengroßen Flecken unter den Armen zu feiern.
Allmählich dachte ich, es müsse etwas Merkwürdiges im Gange sein, dass Fermín Romero de Torres, lebende Standarte des bürgerlichen Widerstands gegen die heilige Mutter Kirche, die Banken und die guten Sitten in diesem von Messe und Wochenschau geprägten Fünfziger-Jahre-Spanien, es mit der kirchlichen Trauung so eilig hatte. In seinem Voreheeifer hatte er sogar mit dem neuen Pfarrer der Santa-Ana-Kirche, Don Jacobo, Freundschaft geschlossen, einem Priester aus Burgos mit entspannter Ideologie und den Manieren eines pensionierten Boxers, den er mit seiner maßlosen Dominoleidenschaft angesteckt hatte. Sonntags nach der Messe lieferte er sich mit ihm im Restaurant El Almirall historische Partien, und der Geistliche lachte herzlich, als ihn mein Freund zwischen zwei Gläsern Montserrat-Likör fragte, ob er eigentlich die Gewissheit habe, dass Nonnen Schenkel hätten, und wenn ja, ob sie so zart zu beknabbern seien, wie er es sich seit seiner Jugend vorstelle.
»Sie bringen es noch fertig, exkommuniziert zu werden«, tadelte ihn mein Vater. »Nonnen sind weder zum Anschauen noch zum Berühren da.«
»Aber der Pfarrer steht ja fast noch mehr auf Frauen als ich«, wehrte sich Fermín. »Wäre da nicht die Uniform ... «
Während ich mich an diese Diskussion erinnerte und zu Meister Armstrongs Trompete vor mich hin summte, hörte ich das träge Klingeln der Glocke über der Eingangstür. Ich schaute auf in der Erwartung, meinen Vater von seiner Geheimmission zurückkommen zu sehen oder Fermín, der den Nachmittagsdienst übernähme.
»Guten Tag«, hörte ich von der Schwelle her eine tiefe, schrundige Stimme.
3
Im Gegenlicht glich seine Silhouette einem vom Wind gepeitschten Baumstamm. Er trug einen altmodisch geschnittenen dunklen Anzug und gab, wie er sich so auf einen Stock stützte, eine finstere Gestalt ab. Unübersehbar hinkend, tat er einen Schritt vorwärts. Im hellen Licht der Lampe über dem Ladentisch zeigte sich ein von der Zeit zerfurchtes Gesicht. Der Besucher musterte mich in aller Ruhe; sein geduldig berechnender Blick erinnerte an einen Raubvogel.
»Sind Sie Seflor Sempere?«
»Ich bin Daniel. Seflor Sempere ist mein Vater, aber er ist im Moment nicht da. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
Der Besucher überhörte meine Frage und begann durch die Buchhandlung zu humpeln, um mit einem an Habgier grenzenden Interesse Spanne für Spanne alles zu erforschen. Sein Hinken ließ vermuten, dass die Verletzungen, die sich unter seinen Kleidern verbargen, nicht gering einzuschätzen waren.
»Kriegsandenken«, sagte der Besucher, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Ich folgte ihm mit dem Blick bei der Inspizierung des Ladens und ahnte schon, wo er vor Anker gehen würde. Und tatsächlich blieb er vor der Ebenholzvitrine stehen, einer Reliquie aus der Gründungszeit des Buchladens im Jahr 1888, als Urgroßvater Sempere, damals ein soeben von seinen Abenteuern in der Karibik wohlhabend zurückgekehrter junger Mann, Geld aufgenommen hatte, um einen alten Handschuhladen zu kaufen und zur Buchhandlung umzubauen. In dieser Vitrine, die einen Ehrenplatz im Laden einnahm, verwahrten wir seit eh und je unsere wertvollsten Exemplare.
Der Besucher trat so nahe an sie heran, dass unter seinem Atem die Scheibe beschlug. Er zog eine Brille hervor, setzte sie sich auf die Nase und begann den Inhalt der Vitrine zu studieren. Seine Gebärde erinnerte mich an ein Wiesel, das in einem Hühnerstall die frisch gelegten Eier begutachtet.
»Schönes Stück«, murmelte er. »Muss einen ordentlichen Batzen kosten.«
»Das ist ein Familienerbstück. Es hat vor allem einen ideellen Wert«, antwortete ich. Mir war nicht wohl, wie dieser eigenartige Kunde selbst die Luft, die wir einatmeten, zu taxieren schien.
Nach einer Weile steckte er die Brille wieder ein und sagte gemessen:
»Soviel ich weiß, arbeitet bei Ihnen ein Herr von gefeiertem Esprit.«
Da ich nicht sogleich antwortete, wandte er sich um und schenkte mir einen dieser Blicke, die den Empfänger altern lassen.
»Wie Sie sehen, bin ich allein. Wenn mir der Herr vielleicht sagen würde, welches Buch er wünscht, werde ich es mit großem Vergnügen suchen.«
Der Unbekannte deutete ein alles andere als freundliches Grinsen an und nickte.
»Wie ich sehe, haben Sie ein Exemplar des Grafen von Monte Christo in dieser Vitrine.«
Er war nicht der Erste, der dieses Buch bemerkte. Ich servierte ihm den offiziellen Diskurs, den wir für solche Fälle auf Lager hatten.
»Der Herr hat ein sehr gutes Auge. Es ist eine wunderbare Ausgabe, nummeriert und mit Bildtafeln von Arthur Rackham, und stammt aus der Privatbibliothek eines bedeutenden Madrider Sammlers. Es ist ein einzigartiges, katalogisiertes Stück.«
Der Besucher studierte eingehend die Beschaffenheit der Ebenholzbretter des Regals und zeigte damit unverhohlen, dass ihn meine Worte anödeten.
»Für mich sehen alle Bücher gleich aus, aber mir gefällt das Blau des Einbands«, antwortete er verächtlich. »Ich nehme es.«
Unter anderen Umständen hätte ich Freudensprünge vollführt, wenn ich das wahrscheinlich teuerste Buch im ganzen Laden hätte verkaufen können, doch bei der Vorstellung, es gerate in die Hände dieses Menschen, drehte sich mir der Magen um. Ich hatte das Gefühl, wenn dieses Exemplar den Laden verließe, würde nie wieder jemand auch nur den ersten Abschnitt lesen.
»Es ist eine sehr kostspielige Ausgabe. Wenn der Herr es wünscht, kann ich ihm andere Ausgaben desselben Werks in einwandfreiem Zustand und zu erschwinglicherem Preis zeigen.«
Leute mit kleiner Seele versuchen immer, die anderen herabzusetzen, und der Unbekannte, der die seine zweifellos in einem Stecknadelkopf hätte unterbringen können, warf mir den verächtlichsten aller Blicke zu.
»Und die ebenfalls einen blauen Einband haben«, ergänzte ich.
Er überhörte meinen ironischen Tonfall.
»Nein, danke. Ich will das da. Der Preis ist Nebensache.«
Widerwillig nickte ich, ging auf die Vitrine zu und schloss die Glastür auf. Ich spürte, wie sich die Augen des Unbekannten in meinen Rücken bohrten.
»Immer ist alles Gute unter Verschluss«, bemerkte er leise.
Ich nahm das Buch und atmete tief ein.
»Ist der Herr ebenfalls Sammler?«
»Das könnte man so sagen. Aber nicht von Büchern.«
Den Grafen in der Hand, wandte ich mich um. »Und was sammelt der Herr?«
Er ignorierte meine Frage und streckte den Arm aus, um das Buch entgegenzunehmen. Ich musste gegen den Impuls ankämpfen, es in die Vitrine zurückzustellen und wieder einzuschließen. Aber in diesen Zeiten hätte es mir mein Vater nicht verziehen, wenn ich mir die Gelegenheit eines solchen Verkaufs hätte entgehen lassen.
»Es kostet fünfunddreißig Peseten«, verkündete ich, bevor ich ihm das Buch aushändigte, und hoffte, bei dieser Summe ändere er seine Meinung.
Ohne mit der Wimper zu zucken, nickte er und zog einen Hundert-Peseten-Schein aus der Tasche seines Anzugs, der bestimmt keine fünfundzwanzig gekostet hatte. Ich fragte mich, ob es nicht Falschgeld war.
»Ich fürchte, für einen so großen Schein habe ich kein Wechselgeld, mein Herr.«
Normalerweise hätte ich ihn gebeten, einen Moment zu warten, und wäre zur nächsten Bank gegangen, um den Schein zu wechseln und zugleich auf seine Echtheit prüfen zu lassen, aber ich mochte ihn nicht allein im Laden lassen.
»Keine Sorge. Er ist echt. Wissen Sie, wie Sie das feststellen können?«
Er hielt die Note gegen das Licht.
»Beachten Sie das Wasserzeichen. Und diese Linien. Die Textur ...«
»Ist der Herr ein Experte in Fälschungen?«
»Alles auf dieser Welt ist falsch, junger Mann. Alles außer dem Geld.« Er gab mir den Schein in die Hand, schloss meine Faust darum und tätschelte mir die Knöchel. »Das Wechselgeld lasse ich Ihnen als Anzahlung da für meinen nächsten Besuch.«
»Das ist viel Geld, der Herr. Fünfundsechzig Peseten ...«
»Ein paar Münzen.«
»Ich stelle Ihnen auf jeden Fall eine Quittung aus.« »Ich vertraue Ihnen.«
Der Unbekannte betrachtete das Buch gleichgültig.
»Es ist ein Geschenk. Ich bitte Sie, es persönlich zu überbringen.«
Ich zögerte einen Augenblick.
»Im Prinzip machen wir keine Hauslieferungen, aber in diesem Fall übergeben wir es natürlich sehr gern persönlich und ohne zusätzliche Kosten. Darf ich fragen, ob es in Barcelona selbst ist oder ...?«
»Hier.« Sein eisiger Blick verriet Jahre von Wut und Hass.
»Möchte der Herr eine Widmung oder sonst ein paar persönliche Worte hineinschreiben, bevor ich es einpacke?«
Umständlich schlug der Besucher das Buch auf der ersten Seite auf. Da sah ich, dass seine linke Hand eine Prothese aus gefärbtem Porzellan war. Er zog einen Füllfederhalter hervor und schrieb ein paar Worte auf die Seite. Dann gab er mir den Band zurück und drehte sich um. Während er zur Tür humpelte, beobachtete ich ihn.
»Wären Sie so freundlich und würden Sie mir Namen und Adresse angeben, wo wir das Buch hinbringen sollen?«, fragte ich.
»Es steht alles da«, sagte er, ohne zurückzuschauen. Ich schlug das Buch auf der Seite mit dem handschriftlichen Eintrag auf:
Für Fermín Romero de Torres, der von den Toten auferstanden
ist und den Schlüssel zur Zukunft hat. 13
Da hörte ich die Türglocke, und als ich aufschaute, war der Besucher weg.
Ich eilte zum Ausgang und schaute auf die Straße hinaus. Der Besucher humpelte davon und verschmolz mit den Gestalten, die den bläulichen Nebelschleier in der Calle Santa Ana durchdrangen. Ich wollte ihm etwas nachrufen, biss mir aber auf die Zunge. Ich hätte ihn einfach gehen lassen können, aber der Instinkt und mein üblicher Mangel an Vorsicht und Sinn fürs Praktische waren stärker.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Hinter mir hörte ich den Bleistift meines Vaters zu Boden fallen, und ich wandte mich um.
»Fermín dixit«, fügte ich hinzu.
Ich hatte gehofft, dieser Fermín-Einfall würde meinen Vater zum Lachen bringen, aber er verharrte in seinem Schweigen, und ich schaute ihn verstohlen an. Sempere senior schien diese Albernheit nicht nur überhaupt nicht lustig zu finden, sondern hatte auch ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt, als überlegte er, ob er das ernstlich in Betracht ziehen sollte.
»Sieh mal einer an, da hat Fermín vielleicht den Vogel abgeschossen«, murmelte er.
Ich starrte ihn an. Möglicherweise hatte die geschäftliche Dürre, die uns in den vorangegangenen Wochen gegeißelt hatte, mittlerweile den Verstand meines Vaters angegriffen.
»Willst du etwa sagen, du erlaubst ihm, in Unterhosen im Laden rumzuspazieren?«
»Nein, nein, darum geht es nicht. Das Schaufenster! Du hast mich auf eine Idee gebracht ... Vielleicht ist es noch nicht zu spät, das Weihnachtsgeschäft zu retten.«
Er verschwand im hinteren Raum und kam nach kurzer Zeit in seiner Winteruniform zurück: demselben Mantel, Schal und Hut, die ich seit Kindesbeinen an ihm kannte. Bea sagte immer, vermutlich habe er sich seit 1942 keine Kleider mehr gekauft, und alle Indizien wiesen darauf hin, dass meine Frau recht hatte. Während er in die Handschuhe schlüpfte, lächelte er vage, und in seinen Augen erschien das fast kindliche Leuchten, das nur große Vorhaben auszulösen vermochten.
»Ich lass dich eine Weile allein«, verkündete er. »Ich muss etwas erledigen.«
»Darf ich fragen, wohin du gehst?«
Er blinzelte mir zu.
»Das ist eine Überraschung. Du wirst schon sehen.«
Ich folgte ihm zur Tür und sah ihn entschlossenen Schrittes auf die Puerta del Ängel zugehen, eine Gestalt unter vielen in der grauen Flut der Passanten, die sich durch einen weiteren langen Winter aus Schatten und Asche pflügten.
2
Ich nutzte das Alleinsein, um ein wenig Radiomusik zu genießen, während ich nach meinem Gutdünken die Buchreihen in den Regalen neu ordnete. Mein Vater war der Ansicht, das Radio laufen zu lassen, wenn Kunden im Laden waren, gehöre sich nicht, und stellte ich es in Gegenwart Fermíns an, so begann dieser sogleich zu jeder Melodie irgendwelche andalusischen Bittgesänge zu trällern oder, noch schlimmer, »sinnliche Rhythmen aus der Karibik«, wie er sie nannte, zu tanzen, was mich in wenigen Minuten auf hundert brachte. Aufgrund dieser praktischen Schwierigkeiten war ich zum Schluss gekommen, dass ich den Genuss der Ätherwellen auf die seltenen Momente beschränken musste, in denen außer mir und Zehntausenden von Büchern niemand im Laden war.
An jenem Vormittag brachte Radio Barcelona den heimlichen Mitschnitt eines Fans von dem großartigen Weihnachtskonzert, das der Trompeter Louis Armstrong und seine Band drei Jahre zuvor im Hotel Windsor Palace in der Avenida Diagonal gegeben hatten. Nach den Werbepausen mühte sich der Sprecher immer damit ab, diese Klänge als Jatz zu etikettieren, und machte darauf aufmerksam, dass einige dieser Synkopen nicht unbedingt das Richtige für den spanischen Hörer seien, der ja doch eher auf die vorherrschenden Couplet, Bolero und den eben aufkommenden Yéyé abgerichtet war.
Fermín sagte immer, wäre Isaac Albéniz als Schwarzer geboren worden, so wäre der Jazz genau wie die Dosenkekse in Camprodón erfunden worden, und zusammen mit den spitzen Büstenhaltern, wie sie seine vergötterte Kim Novak in einigen der Filme trug, die wir in den Vormittagsvorstellungen des Kinos Fémina sahen, sei dieser Sound eine der wenigen echten Errungenschaften der Menschheit im bisherigen 20. Jahrhundert. Darüber mochte ich nicht mit ihm streiten. In die Magie dieser Musik und den Geruch der Bücher gehüllt, ließ ich den Rest des Vormittags verstreichen und genoss in stiller Zufriedenheit meine einfache, aber gewissenhaft ausgeführte Arbeit.
Fermín hatte den Vormittag freigenommen, um, wie er sagte, letzte Vorbereitungen für seine auf Anfang Februar angesetzte Hochzeit mit der Bernarda zu treffen. Als er das Thema knapp zwei Wochen zuvor zum ersten Mal zur Sprache gebracht hatte, hatten wir alle gesagt, er überstürze das Ganze und Eile führe nirgends hin. Mein Vater hatte ihn zu überzeugen versucht, die Trauung wenigstens zwei oder drei Monate hinauszuschieben, mit dem Argument, Hochzeiten seien etwas für den Sommer und schönes Wetter, aber Fermín hatte an dem Datum festgehalten, denn ein Typ wie er, abgehärtet im rau-trockenen Klima der extremadurischen Hügel, gerate über die Maßen ins Schwitzen, sobald der Sommer die mediterrane, seiner Meinung nach semitropische Küste erreiche, und es mache sich schlecht, seine Verehelichung mit tortengroßen Flecken unter den Armen zu feiern.
Allmählich dachte ich, es müsse etwas Merkwürdiges im Gange sein, dass Fermín Romero de Torres, lebende Standarte des bürgerlichen Widerstands gegen die heilige Mutter Kirche, die Banken und die guten Sitten in diesem von Messe und Wochenschau geprägten Fünfziger-Jahre-Spanien, es mit der kirchlichen Trauung so eilig hatte. In seinem Voreheeifer hatte er sogar mit dem neuen Pfarrer der Santa-Ana-Kirche, Don Jacobo, Freundschaft geschlossen, einem Priester aus Burgos mit entspannter Ideologie und den Manieren eines pensionierten Boxers, den er mit seiner maßlosen Dominoleidenschaft angesteckt hatte. Sonntags nach der Messe lieferte er sich mit ihm im Restaurant El Almirall historische Partien, und der Geistliche lachte herzlich, als ihn mein Freund zwischen zwei Gläsern Montserrat-Likör fragte, ob er eigentlich die Gewissheit habe, dass Nonnen Schenkel hätten, und wenn ja, ob sie so zart zu beknabbern seien, wie er es sich seit seiner Jugend vorstelle.
»Sie bringen es noch fertig, exkommuniziert zu werden«, tadelte ihn mein Vater. »Nonnen sind weder zum Anschauen noch zum Berühren da.«
»Aber der Pfarrer steht ja fast noch mehr auf Frauen als ich«, wehrte sich Fermín. »Wäre da nicht die Uniform ... «
Während ich mich an diese Diskussion erinnerte und zu Meister Armstrongs Trompete vor mich hin summte, hörte ich das träge Klingeln der Glocke über der Eingangstür. Ich schaute auf in der Erwartung, meinen Vater von seiner Geheimmission zurückkommen zu sehen oder Fermín, der den Nachmittagsdienst übernähme.
»Guten Tag«, hörte ich von der Schwelle her eine tiefe, schrundige Stimme.
3
Im Gegenlicht glich seine Silhouette einem vom Wind gepeitschten Baumstamm. Er trug einen altmodisch geschnittenen dunklen Anzug und gab, wie er sich so auf einen Stock stützte, eine finstere Gestalt ab. Unübersehbar hinkend, tat er einen Schritt vorwärts. Im hellen Licht der Lampe über dem Ladentisch zeigte sich ein von der Zeit zerfurchtes Gesicht. Der Besucher musterte mich in aller Ruhe; sein geduldig berechnender Blick erinnerte an einen Raubvogel.
»Sind Sie Seflor Sempere?«
»Ich bin Daniel. Seflor Sempere ist mein Vater, aber er ist im Moment nicht da. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
Der Besucher überhörte meine Frage und begann durch die Buchhandlung zu humpeln, um mit einem an Habgier grenzenden Interesse Spanne für Spanne alles zu erforschen. Sein Hinken ließ vermuten, dass die Verletzungen, die sich unter seinen Kleidern verbargen, nicht gering einzuschätzen waren.
»Kriegsandenken«, sagte der Besucher, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Ich folgte ihm mit dem Blick bei der Inspizierung des Ladens und ahnte schon, wo er vor Anker gehen würde. Und tatsächlich blieb er vor der Ebenholzvitrine stehen, einer Reliquie aus der Gründungszeit des Buchladens im Jahr 1888, als Urgroßvater Sempere, damals ein soeben von seinen Abenteuern in der Karibik wohlhabend zurückgekehrter junger Mann, Geld aufgenommen hatte, um einen alten Handschuhladen zu kaufen und zur Buchhandlung umzubauen. In dieser Vitrine, die einen Ehrenplatz im Laden einnahm, verwahrten wir seit eh und je unsere wertvollsten Exemplare.
Der Besucher trat so nahe an sie heran, dass unter seinem Atem die Scheibe beschlug. Er zog eine Brille hervor, setzte sie sich auf die Nase und begann den Inhalt der Vitrine zu studieren. Seine Gebärde erinnerte mich an ein Wiesel, das in einem Hühnerstall die frisch gelegten Eier begutachtet.
»Schönes Stück«, murmelte er. »Muss einen ordentlichen Batzen kosten.«
»Das ist ein Familienerbstück. Es hat vor allem einen ideellen Wert«, antwortete ich. Mir war nicht wohl, wie dieser eigenartige Kunde selbst die Luft, die wir einatmeten, zu taxieren schien.
Nach einer Weile steckte er die Brille wieder ein und sagte gemessen:
»Soviel ich weiß, arbeitet bei Ihnen ein Herr von gefeiertem Esprit.«
Da ich nicht sogleich antwortete, wandte er sich um und schenkte mir einen dieser Blicke, die den Empfänger altern lassen.
»Wie Sie sehen, bin ich allein. Wenn mir der Herr vielleicht sagen würde, welches Buch er wünscht, werde ich es mit großem Vergnügen suchen.«
Der Unbekannte deutete ein alles andere als freundliches Grinsen an und nickte.
»Wie ich sehe, haben Sie ein Exemplar des Grafen von Monte Christo in dieser Vitrine.«
Er war nicht der Erste, der dieses Buch bemerkte. Ich servierte ihm den offiziellen Diskurs, den wir für solche Fälle auf Lager hatten.
»Der Herr hat ein sehr gutes Auge. Es ist eine wunderbare Ausgabe, nummeriert und mit Bildtafeln von Arthur Rackham, und stammt aus der Privatbibliothek eines bedeutenden Madrider Sammlers. Es ist ein einzigartiges, katalogisiertes Stück.«
Der Besucher studierte eingehend die Beschaffenheit der Ebenholzbretter des Regals und zeigte damit unverhohlen, dass ihn meine Worte anödeten.
»Für mich sehen alle Bücher gleich aus, aber mir gefällt das Blau des Einbands«, antwortete er verächtlich. »Ich nehme es.«
Unter anderen Umständen hätte ich Freudensprünge vollführt, wenn ich das wahrscheinlich teuerste Buch im ganzen Laden hätte verkaufen können, doch bei der Vorstellung, es gerate in die Hände dieses Menschen, drehte sich mir der Magen um. Ich hatte das Gefühl, wenn dieses Exemplar den Laden verließe, würde nie wieder jemand auch nur den ersten Abschnitt lesen.
»Es ist eine sehr kostspielige Ausgabe. Wenn der Herr es wünscht, kann ich ihm andere Ausgaben desselben Werks in einwandfreiem Zustand und zu erschwinglicherem Preis zeigen.«
Leute mit kleiner Seele versuchen immer, die anderen herabzusetzen, und der Unbekannte, der die seine zweifellos in einem Stecknadelkopf hätte unterbringen können, warf mir den verächtlichsten aller Blicke zu.
»Und die ebenfalls einen blauen Einband haben«, ergänzte ich.
Er überhörte meinen ironischen Tonfall.
»Nein, danke. Ich will das da. Der Preis ist Nebensache.«
Widerwillig nickte ich, ging auf die Vitrine zu und schloss die Glastür auf. Ich spürte, wie sich die Augen des Unbekannten in meinen Rücken bohrten.
»Immer ist alles Gute unter Verschluss«, bemerkte er leise.
Ich nahm das Buch und atmete tief ein.
»Ist der Herr ebenfalls Sammler?«
»Das könnte man so sagen. Aber nicht von Büchern.«
Den Grafen in der Hand, wandte ich mich um. »Und was sammelt der Herr?«
Er ignorierte meine Frage und streckte den Arm aus, um das Buch entgegenzunehmen. Ich musste gegen den Impuls ankämpfen, es in die Vitrine zurückzustellen und wieder einzuschließen. Aber in diesen Zeiten hätte es mir mein Vater nicht verziehen, wenn ich mir die Gelegenheit eines solchen Verkaufs hätte entgehen lassen.
»Es kostet fünfunddreißig Peseten«, verkündete ich, bevor ich ihm das Buch aushändigte, und hoffte, bei dieser Summe ändere er seine Meinung.
Ohne mit der Wimper zu zucken, nickte er und zog einen Hundert-Peseten-Schein aus der Tasche seines Anzugs, der bestimmt keine fünfundzwanzig gekostet hatte. Ich fragte mich, ob es nicht Falschgeld war.
»Ich fürchte, für einen so großen Schein habe ich kein Wechselgeld, mein Herr.«
Normalerweise hätte ich ihn gebeten, einen Moment zu warten, und wäre zur nächsten Bank gegangen, um den Schein zu wechseln und zugleich auf seine Echtheit prüfen zu lassen, aber ich mochte ihn nicht allein im Laden lassen.
»Keine Sorge. Er ist echt. Wissen Sie, wie Sie das feststellen können?«
Er hielt die Note gegen das Licht.
»Beachten Sie das Wasserzeichen. Und diese Linien. Die Textur ...«
»Ist der Herr ein Experte in Fälschungen?«
»Alles auf dieser Welt ist falsch, junger Mann. Alles außer dem Geld.« Er gab mir den Schein in die Hand, schloss meine Faust darum und tätschelte mir die Knöchel. »Das Wechselgeld lasse ich Ihnen als Anzahlung da für meinen nächsten Besuch.«
»Das ist viel Geld, der Herr. Fünfundsechzig Peseten ...«
»Ein paar Münzen.«
»Ich stelle Ihnen auf jeden Fall eine Quittung aus.« »Ich vertraue Ihnen.«
Der Unbekannte betrachtete das Buch gleichgültig.
»Es ist ein Geschenk. Ich bitte Sie, es persönlich zu überbringen.«
Ich zögerte einen Augenblick.
»Im Prinzip machen wir keine Hauslieferungen, aber in diesem Fall übergeben wir es natürlich sehr gern persönlich und ohne zusätzliche Kosten. Darf ich fragen, ob es in Barcelona selbst ist oder ...?«
»Hier.« Sein eisiger Blick verriet Jahre von Wut und Hass.
»Möchte der Herr eine Widmung oder sonst ein paar persönliche Worte hineinschreiben, bevor ich es einpacke?«
Umständlich schlug der Besucher das Buch auf der ersten Seite auf. Da sah ich, dass seine linke Hand eine Prothese aus gefärbtem Porzellan war. Er zog einen Füllfederhalter hervor und schrieb ein paar Worte auf die Seite. Dann gab er mir den Band zurück und drehte sich um. Während er zur Tür humpelte, beobachtete ich ihn.
»Wären Sie so freundlich und würden Sie mir Namen und Adresse angeben, wo wir das Buch hinbringen sollen?«, fragte ich.
»Es steht alles da«, sagte er, ohne zurückzuschauen. Ich schlug das Buch auf der Seite mit dem handschriftlichen Eintrag auf:
Für Fermín Romero de Torres, der von den Toten auferstanden
ist und den Schlüssel zur Zukunft hat. 13
Da hörte ich die Türglocke, und als ich aufschaute, war der Besucher weg.
Ich eilte zum Ausgang und schaute auf die Straße hinaus. Der Besucher humpelte davon und verschmolz mit den Gestalten, die den bläulichen Nebelschleier in der Calle Santa Ana durchdrangen. Ich wollte ihm etwas nachrufen, biss mir aber auf die Zunge. Ich hätte ihn einfach gehen lassen können, aber der Instinkt und mein üblicher Mangel an Vorsicht und Sinn fürs Praktische waren stärker.
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Autoren-Porträt von Carlos Ruiz Zafón
Carlos Ruiz Zafón begeisterte mit seinen Barcelona-Romanen um den Friedhof der Vergessenen Bücher ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt. »Der Schatten des Windes«, »Das Spiel des Engels«, »Der Gefangene des Himmels« und »Das Labyrinth der Lichter« waren allesamt internationale Bestseller. Auch »Marina«, der Roman, den er kurz vor den großen Barcelona-Romanen schuf, stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Seine ersten Erfolge feierte Carlos Ruiz Zafón mit den drei phantastischen Schauerromanen »Der Fürst des Nebels«, »Mitternachtspalast« und »Der dunkle Wächter«. Carlos Ruiz Zafón wurde 1964 in Barcelona geboren und starb 2020 in seiner Wahlheimat Los Angeles. Schwaar, PeterPeter Schwaar, geboren 1947 in Zürich, studierte Germanistik und Musikwissenschaft in Zürich und Berlin und war Redakteur beim Zürcher »Tages-Anzeiger«. Seit 1987 arbeitet er als freier Journalist und Übersetzer (Eduardo Mendoza, Juan José Millás, Adolfo Bioy Casares, Álvaro Mutis, Tomás Eloy Martinéz, David Trueba u.a.). Er lebt in Barcelona.
Bibliographische Angaben
- Autor: Carlos Ruiz Zafón
- 2013, 5. Aufl., 416 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Peter Schwaar
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596195853
- ISBN-13: 9783596195855
- Erscheinungsdatum: 23.10.2013
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