Fire / Alex Cross Bd.14
Thriller
Als Alex Cross zum Tatort kommt, ahnt er: dies wird der schlimmste Fall seiner Polizeikarriere. Eine ganze Familie ist regelrecht abgeschlachtet worden. Doch es folgen noch weitere Morde. Die Ermittlungen führen Alex in die afrikanische Unterwelt Washingtons.
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Produktinformationen zu „Fire / Alex Cross Bd.14 “
Als Alex Cross zum Tatort kommt, ahnt er: dies wird der schlimmste Fall seiner Polizeikarriere. Eine ganze Familie ist regelrecht abgeschlachtet worden. Doch es folgen noch weitere Morde. Die Ermittlungen führen Alex in die afrikanische Unterwelt Washingtons.
Klappentext zu „Fire / Alex Cross Bd.14 “
Ein diabolischer Thriller mit Hochspannungsfaktor - Der 14. Fall für den weltberühmten Profiler Alex CrossDie dahingemetzelten Opfer sind immer Familien. Die Täter, zu Alex Cross' Entsetzen, sind immer jung, fast Kinder noch. Doch wer ist der Schattenmann, der die jugendlichen Banden zu diesen schrecklichen Taten anstiftet? Alex Cross jagt einen Mann, den sie nur den Tiger nennen. Und folgt ihm auf den Fersen selbst noch in die Fremde, als der kaltblütige Verbrecher in seine afrikanische Heimat flieht. Denn diesmal ist es eine persönliche Vendetta - und sie wird erst enden, wenn Blut geflossen und ein Sarg gezimmert ist ...
Ein diabolischer Thriller mit Hochspannungsfaktor - Der 14. Fall für den weltberühmten Profiler Alex Cross
Die dahingemetzelten Opfer sind immer Familien. Die Täter, zu Alex Cross' Entsetzen, sind immer jung, fast Kinder noch. Doch wer ist der Schattenmann, der die jugendlichen Banden zu diesen schrecklichen Taten anstiftet? Alex Cross jagt einen Mann, den sie nur den Tiger nennen. Und folgt ihm auf den Fersen selbst noch in die Fremde, als der kaltblütige Verbrecher in seine afrikanische Heimat flieht. Denn diesmal ist es eine persönliche Vendetta - und sie wird erst enden, wenn Blut geflossen und ein Sarg gezimmert ist ...
Die dahingemetzelten Opfer sind immer Familien. Die Täter, zu Alex Cross' Entsetzen, sind immer jung, fast Kinder noch. Doch wer ist der Schattenmann, der die jugendlichen Banden zu diesen schrecklichen Taten anstiftet? Alex Cross jagt einen Mann, den sie nur den Tiger nennen. Und folgt ihm auf den Fersen selbst noch in die Fremde, als der kaltblütige Verbrecher in seine afrikanische Heimat flieht. Denn diesmal ist es eine persönliche Vendetta - und sie wird erst enden, wenn Blut geflossen und ein Sarg gezimmert ist ...
Lese-Probe zu „Fire / Alex Cross Bd.14 “
Fire von James Patterson1
Georgetown, Washington, D.C.
Die Familie hieß Cox, der Vater war ein sehr erfolgreicher Anwalt, doch das Ziel war die Mutter, Ellie Randall Cox. Der Zeitpunkt war genau richtig, heute Nacht, in nur wenigen Minuten. Der Tag der Abrechnung hätte nicht besser gewählt werden können.
Der fast zwei Meter große, hundertzwanzig Kilo schwere Mörder, bekannt als »der Tiger«, hatte seiner Mannschaft Waffen und ein Gramm Kokain, das sie sich teilen sollten, ausgehändigt, die einzige Anweisung für diesen Abend lautete: Die Mutter gehört mir, den Rest bringt ihr um.
Das sekundäre Auftragsziel war, den Amerikanern Angst einzujagen, die überall ungefragt mitmischen mussten. Er wusste, wie sie zu Hausfriedensbruch, zu ihren geschätzten Familien und zu kaltblütigem Mord standen. Sie hatten so viele Regeln, wie das Leben gelebt werden sollte. Wenn man sie treffen wollte, musste man nur all ihre dummen, heiligen Regeln brechen.
Er machte es sich bequem, während er das Haus von der Straße aus beobachtete. Fensterläden aus Holz im Erdgeschoss zogen horizontale Linien über die Familienmitglieder, die im Innern hin und her liefen, ohne der mörderischen Gefahr gewahr zu werden, die draußen lauerte.
Die Jungs standen ungeduldig neben Tiger, und er wartete auf seinen Instinkt, der ihm sagte, wann sie das Haus stürmen sollten.
»Jetzt«, befahl er. »Auf geht’s!«
Dann begann er, mit nur leichten Bewegungen der Knie aus dem schützenden Schatten eines immergrünen Strauchs so schnell zu rennen, dass seine Schritte kaum mehr zu zählen waren.
Ein einzelner, kräftiger Sprung, und er befand sich auf der Veranda vor dem Haus. Es folgten drei Schläge auf die Haustür, die zu explodieren schien, und schon waren sie drin, die Mörder, fünf an der
... mehr
Zahl.
Die Jungs, keiner älter als siebzehn, drängten nach ihm herein, schossen mit ihren Berettas in die Wohnzimmerdecke, wedelten mit einfachen Jagdmessern und schrien Befehle, die kaum jemand verstand, weil ihr Englisch noch schlechter war als das von Tiger.
Die Kinder schrien wie kleine Ferkel, ihr Vater, der Anwalt, sprang auf und versuchte, sie mit seinem schwammigen, überfressenen Körper zu schützen.
»Du bist echt jämmerlich!«, rief Tiger ihm zu. »Du kannst nicht mal deine Familie in deinem eigenen Haus schützen.«
Der Anwalt und seine zwei Kinder wurden gegen den Kamin gedrängt, der mit Geburtstagskarten für »Mama« und »Meinem Schatz Ellie« und »Herzblatt und Sonnenschein« voll stand.
Der Anführer schob den Jüngsten seiner Jungs nach vorne, denjenigen, der sich den Namen Nike gegeben hatte und einen ansteckenden Sinn für Humor hatte. »Tu’s einfach«, forderte Tiger ihn auf.
Der Junge war elf Jahre alt und furchtlos wie ein Krokodil in einem schlammigen Fluss. Er hob eine Pistole, die viel größer war als seine Hand, und schoss in die Stirn des zitternden Vaters.
Die anderen Jungs johlten zustimmend, feuerten ihre Waffen in alle Richtungen ab, warfen antike Möbel um, zerbrachen Spiegel und Fenster. Die Cox-Kinder klammerten sich weinend aneinander. Ein besonders gruseliger Junge mit ausdruckslosem Gesicht und einem Sweatshirt der Houston Rockets leerte sein Magazin in den Breitbildfernseher und lud seine Waffe erneut. »Stellt det Haus aufn Kopp!«, rief er.
2
Schließlich kam die Mutter, »Mein Schatz Ellie«, »Herzblatt und Sonnenschein«, schreiend die Treppe heruntergerannt, um ihre Akata-Babys zu schützen.
»Lasst sie aus dem Spiel!«, schrie sie den großen und sehr muskulösen Anführer an. »Ich weiß, wer ihr seid!«
»Natürlich weißt du das, Mutter.« Tiger lächelte die große, matronenhafte Frau an. Er verspürte nicht den Wunsch, ihr etwas anzutun. Er erledigte nur einen Auftrag. Einen gut bezahlten Auftrag, der für jemanden hier in Washington sehr wichtig war.
Die beiden Kinder wollten zu ihrer Mutter krabbeln. Seine Jungs schossen Löcher ins Polster, als die winselnden amerikanischen Kids wie in einem grotesken Katz-und-Maus-Spiel hinter das Sofa krochen.
Als sie auf der anderen Seite wieder auftauchten, stand Tiger schon bereit, um den quiekenden Sohn mit einer Hand vom Boden hochzuheben. Das Mädchen im Schlafanzug war etwas schlauer und rannte die Treppe nach oben. Ihre rosa Fußsohlen schienen bei jedem Schritt zu leuchten.
»Los, Schatz!«, rief ihr ihre Mutter hinterher. »Spring aus dem Fenster! Lauf! Bleib nicht stehen!«
»Das wird nicht klappen«, klärte Tiger sie auf. »Niemand kommt heute Abend hier raus, Mutter.«
»Tut das nicht!«, bettelte sie. »Lasst sie gehen! Sie sind doch noch Kinder!«
»Du weißt, wer ich bin«, sagte er. »Also weißt du, wie das hier endet. Das wusstest du von Anfang an. Schau dir an, was du dir und deiner Familie eingebrockt hast. Es ist allein deine Schuld.«
ERSTER TEIL
Zu spät zur Party
1
Die am schwierigsten zu lösen-
den Rätsel sind diejenigen, bei
denen man sich dem Ende nä hert, weil es nicht genügend Beweise, nicht genügend zu enthüllen gibt, sofern man nicht irgendwie wieder ganz zum Anfang zurückfindet – man muss sozusagen zurückspulen und erneut abspielen.
Ich fuhr im Schoß der Bequemlichkeit und der Zivilisation, meinem einjährigen Mercedes. Ich dachte darüber nach, wie seltsam es war, wieder an einen Tatort zu fahren. Dann war ich da und stieg aus meinem Wagen aus, während ich versuchte, den inneren Konflikt zu lösen, ob ich mich wieder auf die dunkle Seite begeben sollte oder nicht.
Ich fragte mich, ob ich schon zu verweichlicht für diese Art der Arbeit war, ließ meine Zweifel aber wieder fallen. Ich war nicht weich. Wenn überhaupt, war ich zu hart, zu unnachgiebig, zu kompromisslos.
Dann dachte ich, dass zufällige, sinnlose Morde besonders grausam waren, und um einen solchen Mord ging es hier. Davon ging man jedenfalls aus. Das wurde mir gesagt, als ich zu Hause angerufen worden war.
»Ziemlich übel da drin, Dr. Cross. Fünf Opfer. Eine ganze Familie.«
»Ja, das weiß ich. Das hat man mir bereits gesagt.«
Einer der Ersten, der auf den Notruf reagiert hatte, ein junger Polizist namens Michael Fescoe, kam mir vor dem Haus in Georgetown in der Nähe der Universität entgegen. An dieser Uni hatte ich mein Studium begonnen, und ich erinnerte mich aus allen möglichen Gründen gerne an sie, vor allem jedoch, weil sie das Risiko mit mir eingegangen war. Die am schwierigsten zu lösen-
den Rätsel sind diejenigen, bei denen man sich dem Ende nä hert, weil es nicht genügend Beweise, nicht genügend zu enthüllen gibt, sofern man nicht irgendwie wieder ganz zum Anfang zurückfindet – man muss sozusagen zurückspulen und erneut abspielen.
Ich fuhr im Schoß der Bequemlichkeit und der Zivilisation, meinem einjährigen Mercedes. Ich dachte darüber nach, wie seltsam es war, wieder an einen Tatort zu fahren. Dann war ich da und stieg aus meinem Wagen aus, während ich versuchte, den inneren Konflikt zu lösen, ob ich mich wieder auf die dunkle Seite begeben sollte oder nicht.
Ich fragte mich, ob ich schon zu verweichlicht für diese Art der Arbeit war, ließ meine Zweifel aber wieder fallen. Ich war nicht weich. Wenn überhaupt, war ich zu hart, zu unnachgiebig, zu kompromisslos.
Dann dachte ich, dass zufällige, sinnlose Morde besonders grausam waren, und um einen solchen Mord ging es hier. Davon ging man jedenfalls aus. Das wurde mir gesagt, als ich zu Hause angerufen worden war.
»Ziemlich übel da drin, Dr. Cross. Fünf Opfer. Eine ganze Familie.«
»Ja, das weiß ich. Das hat man mir bereits gesagt.«
Einer der Ersten, der auf den Notruf reagiert hatte, ein junger Polizist namens Michael Fescoe, kam mir vor dem Haus in Georgetown in der Nähe der Universität entgegen. An dieser Uni hatte ich mein Studium begonnen, und ich erinnerte mich aus allen möglichen Gründen gerne an sie, vor allem jedoch, weil sie das Risiko mit mir eingegangen war.
Michael war sichtlich erschüttert, was nicht überraschend war. Wegen eines gewöhnlichen Mordes rief mich das Metropolitan Police Department an einem Samstagabend sicher nicht an.
»Was haben wir bisher?«, fragte ich Fescoe und zeigte meine Dienstmarke einem Streifenpolizisten, der den Tatort bewachte. Schließlich duckte ich mich vorm Haus unter dem leuchtend gelben Absperrband hindurch.
Hübsches Haus, drei Etagen, Kolonialstil auf dem Cambridge Place, einem betuchten Viertel gleich südlich des Montrose Park.
Nachbarn und Gaffer drängten sich auf dem Bürgersteig, hielten sich aber in ihren Schlafanzügen und Morgenmänteln in reservierter Saubermann-Manier in sicherem Abstand.
»Fünfköpfige Familie, alle tot«, wiederholte Fescoe. »Sie heißt Cox. Vater: Reeve. Mutter: Eleanor. Sohn: James. Alle im Erdgeschoss. Töchter Nicole und Clara im zweiten Stock. Überall ist Blut. Sieht aus, als wären sie zuerst erschossen, dann ziemlich übel zersägt und auf Haufen gestapelt worden.«
Gestapelt. Der Klang dieses Wortes gefiel mir nicht. Weder in diesem hübschen Haus noch sonst wo.
»Schon jemand von der Kripo da? Wer leitet die Ermittlung?«, fragte ich.
»Detective Stone ist oben. Sie ist diejenige, die mich gebeten hat, Sie anzupiepsen. Gerichtsmediziner ist noch auf dem Weg. Vielleicht gleich mehrere. Gott, was für ein Abend.«
»Da haben Sie wohl recht.«
Bree Stone war ein leuchtender Stern in der Branche der Gewaltverbrechen und eine der wenigen Detectives, bei der ich keine Einwände hatte, sie als Partnerin zu nehmen – Zweideutigkeit inbegriffen, da wir seit mehr als einem Jahr ein Paar waren.
»Geben Sie Detective Stone Bescheid, dass ich hier bin«, wies ich ihn an. »Ich werde unten anfangen und mich zu ihr nach oben durcharbeiten.«
»Wird gemacht, Sir. Bin schon dabei.«
Fescoe begleitete mich die Verandastufen hinauf und an einem Techniker der Spurensicherung vorbei, der sich an der zerstörten Haustür zu schaffen machte.
»Natürlich gewaltsamer Einbruch«, fuhr Fescoe fort. Er wurde rot, wahrscheinlich, weil er nur das sagte, was offensichtlich war. »Außerdem ist oben im zweiten Stock eine Dachluke offen. Sieht aus, als wären sie dort hinaus geflohen.«
»Sie?«
»Würde ich sagen, ja – in Anbetracht des Schadens, der da drin angerichtet wurde. So was habe ich noch nie gesehen, Sir. Hören Sie, wenn Sie noch irgendwas brauchen ...«
»... dann gebe ich Ihnen Bescheid. Danke. Es ist besser, wenn ich das allein erledige. Dann kann ich mich besser konzentrieren.«
Mein Ruf schien Polizisten anzulocken, die auf große Fälle hungrig waren, was seine Vorteile haben kann. Doch jetzt wollte ich den Tatort allein auf mich wirken lassen. Angesichts der finsteren, stahlharten Blicke der Leute von der Spurensicherung, die ich gesehen hatte, als ich von der Rückseite des Hauses gekommen war, wusste ich, dass die Angelegenheit ganz schnell höchst schwierig werden würde.
Es zeigte sich später, dass ich auch nicht annähernd ahnte, wie dramatisch der Mord an dieser Familie tatsächlich war. Viel, viel dramatischer.
2 Sie wollten jemandem Angst einjagen, dachte ich, als ich einen hell erleuchteten, freundlich dekorierten Vorraum betrat. Aber
wem? Diesen Toten sicher nicht. Nicht dieser armen Familie, die aus weiß Gott welchen Gründen abgeschlachtet worden war.
Das Erdgeschoss erzählte eine finstere, unheilvolle Geschichte über den Mord. Fast jedes Möbelstück im Wohn- und Esszimmer war entweder umgekippt oder zerstört worden oder beides. In den Wänden klafften riesige Löcher, daneben Dutzende kleinerer. Ein antiker Kristallleuchter lag zerschellt auf einem bunten Orientteppich.
Der Tatort ergab keinen Sinn, und was schlimmer war: In meiner Laufbahn als Detective bei der Mordkommission hatte ich dergleichen bisher nicht gesehen.
Ein von Schüssen durchfurchtes Chesterfield-Sofa und eine gepolsterte Sitzbank waren an eine Wand geschoben worden, um Platz vor dem Kamin zu schaffen. Hier waren die Leichen gestapelt worden.
Obwohl sich mit Sicherheit sagen lässt, dass ich im Rahmen meiner Arbeit einen Haufen Mist erlebe, fühlte ich mich angesichts dieses ungeheuerlichen Tatorts wie vor den Kopf gestoßen.
Wie Fescoe angekündigt hatte, waren die Opfer aufgestapelt worden: der Vater, die Mutter und ganz oben der Sohn, alle mit dem Gesicht nach oben. Wände, Möbel und Decke waren mit Blut bespritzt, eine Lache hatte sich um die Leichen gebildet. Diese armen Menschen waren mit scharfen Werkzeugen angegriffen und ihnen waren einige Gliedmaßen abgetrennt worden.
»Jesus Maria«, flüsterte ich. Es war ein Gebet. Oder ein Fluch für die Mörder. Wahrscheinlich beides.
Einer der Fingerabdruckspezialisten flüsterte ein Amen.
Keiner blickte den anderen an. Durch einen Tatort dieses Kalibers beißt man sich allein. Und man versucht, das Haus seelisch wenigstens einigermaßen unversehrt wieder zu verlassen.
Das im Zimmer verteilte Blut legte nahe, dass die Familienmitglieder getrennt angegriffen und dann in die Mitte gezerrt worden waren.
Irgendetwas hatte diese unbändige Wut in den Mördern ausgelöst. Ja, ich stimmte Fescoe zu, dass es sich um mehrere Mörder handelte. Doch was genau war passiert? Was war der Grund für dieses Massaker? Drogen? Ein Ritual? Eine Psychose?
Eine Gruppenpsychose?
Ich legte die spontan strömenden Gedanken beiseite, um sie ein andermal zu bearbeiten. Zuerst die Methode, dann das Motiv.
Langsam ging ich um die Leichen und Leichenteile herum, sorgfältig die Blutlachen meidend. Die Schnittverletzungen schienen in keinem Zusammenhang zu stehen. Die Morde eigentlich auch nicht.
Die Kehle des Sohnes war durchgeschnitten, auf der Stirn des Vaters prangte eine Schussverletzung, und der Kopf der Mutter war auf unnatürliche Weise verdreht, als hätte man ihr den Hals gebrochen.
Ich ging einmal um die Leichen herum, um der Mutter ins Gesicht zu blicken. Sie schien direkt zu mir aufzuschauen, fast hoffnungsvoll, als könnte ich sie noch retten.
Ich beugte mich nach unten, um sie mir genauer anzusehen, bis mir plötzlich schwindlig wurde. Meine Knie wurden weich. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah.
Oh, nein! Oh, mein Gott, nein!
Mir wurde schwarz vor Augen, als ich zurücktrat und auf ei¬nem Blutfleck ausrutschte. Um den Sturz abzufedern, streckte ich die Arme aus und zog mit den Handschuhen eine dunkel¬rote Spur über den Boden.
Mit Ellie Randalls Blut. Nicht dem von Ellie Cox, sondern dem von Ellie Randall!
Ich kannte sie – zumindest hatte ich sie einmal gekannt.
Vor langer, langer Zeit, während unseres Studiums in George¬town, war Ellie meine Freundin gewesen. Wahrscheinlich war sie die erste Frau gewesen, die ich geliebt hatte.
Und jetzt war Ellie mitsamt ihrer Familie ermordet worden.
Übersetzung: Helmut Splinter
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009
by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
Die Jungs, keiner älter als siebzehn, drängten nach ihm herein, schossen mit ihren Berettas in die Wohnzimmerdecke, wedelten mit einfachen Jagdmessern und schrien Befehle, die kaum jemand verstand, weil ihr Englisch noch schlechter war als das von Tiger.
Die Kinder schrien wie kleine Ferkel, ihr Vater, der Anwalt, sprang auf und versuchte, sie mit seinem schwammigen, überfressenen Körper zu schützen.
»Du bist echt jämmerlich!«, rief Tiger ihm zu. »Du kannst nicht mal deine Familie in deinem eigenen Haus schützen.«
Der Anwalt und seine zwei Kinder wurden gegen den Kamin gedrängt, der mit Geburtstagskarten für »Mama« und »Meinem Schatz Ellie« und »Herzblatt und Sonnenschein« voll stand.
Der Anführer schob den Jüngsten seiner Jungs nach vorne, denjenigen, der sich den Namen Nike gegeben hatte und einen ansteckenden Sinn für Humor hatte. »Tu’s einfach«, forderte Tiger ihn auf.
Der Junge war elf Jahre alt und furchtlos wie ein Krokodil in einem schlammigen Fluss. Er hob eine Pistole, die viel größer war als seine Hand, und schoss in die Stirn des zitternden Vaters.
Die anderen Jungs johlten zustimmend, feuerten ihre Waffen in alle Richtungen ab, warfen antike Möbel um, zerbrachen Spiegel und Fenster. Die Cox-Kinder klammerten sich weinend aneinander. Ein besonders gruseliger Junge mit ausdruckslosem Gesicht und einem Sweatshirt der Houston Rockets leerte sein Magazin in den Breitbildfernseher und lud seine Waffe erneut. »Stellt det Haus aufn Kopp!«, rief er.
2
Schließlich kam die Mutter, »Mein Schatz Ellie«, »Herzblatt und Sonnenschein«, schreiend die Treppe heruntergerannt, um ihre Akata-Babys zu schützen.
»Lasst sie aus dem Spiel!«, schrie sie den großen und sehr muskulösen Anführer an. »Ich weiß, wer ihr seid!«
»Natürlich weißt du das, Mutter.« Tiger lächelte die große, matronenhafte Frau an. Er verspürte nicht den Wunsch, ihr etwas anzutun. Er erledigte nur einen Auftrag. Einen gut bezahlten Auftrag, der für jemanden hier in Washington sehr wichtig war.
Die beiden Kinder wollten zu ihrer Mutter krabbeln. Seine Jungs schossen Löcher ins Polster, als die winselnden amerikanischen Kids wie in einem grotesken Katz-und-Maus-Spiel hinter das Sofa krochen.
Als sie auf der anderen Seite wieder auftauchten, stand Tiger schon bereit, um den quiekenden Sohn mit einer Hand vom Boden hochzuheben. Das Mädchen im Schlafanzug war etwas schlauer und rannte die Treppe nach oben. Ihre rosa Fußsohlen schienen bei jedem Schritt zu leuchten.
»Los, Schatz!«, rief ihr ihre Mutter hinterher. »Spring aus dem Fenster! Lauf! Bleib nicht stehen!«
»Das wird nicht klappen«, klärte Tiger sie auf. »Niemand kommt heute Abend hier raus, Mutter.«
»Tut das nicht!«, bettelte sie. »Lasst sie gehen! Sie sind doch noch Kinder!«
»Du weißt, wer ich bin«, sagte er. »Also weißt du, wie das hier endet. Das wusstest du von Anfang an. Schau dir an, was du dir und deiner Familie eingebrockt hast. Es ist allein deine Schuld.«
ERSTER TEIL
Zu spät zur Party
1
Die am schwierigsten zu lösen-
den Rätsel sind diejenigen, bei
denen man sich dem Ende nä hert, weil es nicht genügend Beweise, nicht genügend zu enthüllen gibt, sofern man nicht irgendwie wieder ganz zum Anfang zurückfindet – man muss sozusagen zurückspulen und erneut abspielen.
Ich fuhr im Schoß der Bequemlichkeit und der Zivilisation, meinem einjährigen Mercedes. Ich dachte darüber nach, wie seltsam es war, wieder an einen Tatort zu fahren. Dann war ich da und stieg aus meinem Wagen aus, während ich versuchte, den inneren Konflikt zu lösen, ob ich mich wieder auf die dunkle Seite begeben sollte oder nicht.
Ich fragte mich, ob ich schon zu verweichlicht für diese Art der Arbeit war, ließ meine Zweifel aber wieder fallen. Ich war nicht weich. Wenn überhaupt, war ich zu hart, zu unnachgiebig, zu kompromisslos.
Dann dachte ich, dass zufällige, sinnlose Morde besonders grausam waren, und um einen solchen Mord ging es hier. Davon ging man jedenfalls aus. Das wurde mir gesagt, als ich zu Hause angerufen worden war.
»Ziemlich übel da drin, Dr. Cross. Fünf Opfer. Eine ganze Familie.«
»Ja, das weiß ich. Das hat man mir bereits gesagt.«
Einer der Ersten, der auf den Notruf reagiert hatte, ein junger Polizist namens Michael Fescoe, kam mir vor dem Haus in Georgetown in der Nähe der Universität entgegen. An dieser Uni hatte ich mein Studium begonnen, und ich erinnerte mich aus allen möglichen Gründen gerne an sie, vor allem jedoch, weil sie das Risiko mit mir eingegangen war. Die am schwierigsten zu lösen-
den Rätsel sind diejenigen, bei denen man sich dem Ende nä hert, weil es nicht genügend Beweise, nicht genügend zu enthüllen gibt, sofern man nicht irgendwie wieder ganz zum Anfang zurückfindet – man muss sozusagen zurückspulen und erneut abspielen.
Ich fuhr im Schoß der Bequemlichkeit und der Zivilisation, meinem einjährigen Mercedes. Ich dachte darüber nach, wie seltsam es war, wieder an einen Tatort zu fahren. Dann war ich da und stieg aus meinem Wagen aus, während ich versuchte, den inneren Konflikt zu lösen, ob ich mich wieder auf die dunkle Seite begeben sollte oder nicht.
Ich fragte mich, ob ich schon zu verweichlicht für diese Art der Arbeit war, ließ meine Zweifel aber wieder fallen. Ich war nicht weich. Wenn überhaupt, war ich zu hart, zu unnachgiebig, zu kompromisslos.
Dann dachte ich, dass zufällige, sinnlose Morde besonders grausam waren, und um einen solchen Mord ging es hier. Davon ging man jedenfalls aus. Das wurde mir gesagt, als ich zu Hause angerufen worden war.
»Ziemlich übel da drin, Dr. Cross. Fünf Opfer. Eine ganze Familie.«
»Ja, das weiß ich. Das hat man mir bereits gesagt.«
Einer der Ersten, der auf den Notruf reagiert hatte, ein junger Polizist namens Michael Fescoe, kam mir vor dem Haus in Georgetown in der Nähe der Universität entgegen. An dieser Uni hatte ich mein Studium begonnen, und ich erinnerte mich aus allen möglichen Gründen gerne an sie, vor allem jedoch, weil sie das Risiko mit mir eingegangen war.
Michael war sichtlich erschüttert, was nicht überraschend war. Wegen eines gewöhnlichen Mordes rief mich das Metropolitan Police Department an einem Samstagabend sicher nicht an.
»Was haben wir bisher?«, fragte ich Fescoe und zeigte meine Dienstmarke einem Streifenpolizisten, der den Tatort bewachte. Schließlich duckte ich mich vorm Haus unter dem leuchtend gelben Absperrband hindurch.
Hübsches Haus, drei Etagen, Kolonialstil auf dem Cambridge Place, einem betuchten Viertel gleich südlich des Montrose Park.
Nachbarn und Gaffer drängten sich auf dem Bürgersteig, hielten sich aber in ihren Schlafanzügen und Morgenmänteln in reservierter Saubermann-Manier in sicherem Abstand.
»Fünfköpfige Familie, alle tot«, wiederholte Fescoe. »Sie heißt Cox. Vater: Reeve. Mutter: Eleanor. Sohn: James. Alle im Erdgeschoss. Töchter Nicole und Clara im zweiten Stock. Überall ist Blut. Sieht aus, als wären sie zuerst erschossen, dann ziemlich übel zersägt und auf Haufen gestapelt worden.«
Gestapelt. Der Klang dieses Wortes gefiel mir nicht. Weder in diesem hübschen Haus noch sonst wo.
»Schon jemand von der Kripo da? Wer leitet die Ermittlung?«, fragte ich.
»Detective Stone ist oben. Sie ist diejenige, die mich gebeten hat, Sie anzupiepsen. Gerichtsmediziner ist noch auf dem Weg. Vielleicht gleich mehrere. Gott, was für ein Abend.«
»Da haben Sie wohl recht.«
Bree Stone war ein leuchtender Stern in der Branche der Gewaltverbrechen und eine der wenigen Detectives, bei der ich keine Einwände hatte, sie als Partnerin zu nehmen – Zweideutigkeit inbegriffen, da wir seit mehr als einem Jahr ein Paar waren.
»Geben Sie Detective Stone Bescheid, dass ich hier bin«, wies ich ihn an. »Ich werde unten anfangen und mich zu ihr nach oben durcharbeiten.«
»Wird gemacht, Sir. Bin schon dabei.«
Fescoe begleitete mich die Verandastufen hinauf und an einem Techniker der Spurensicherung vorbei, der sich an der zerstörten Haustür zu schaffen machte.
»Natürlich gewaltsamer Einbruch«, fuhr Fescoe fort. Er wurde rot, wahrscheinlich, weil er nur das sagte, was offensichtlich war. »Außerdem ist oben im zweiten Stock eine Dachluke offen. Sieht aus, als wären sie dort hinaus geflohen.«
»Sie?«
»Würde ich sagen, ja – in Anbetracht des Schadens, der da drin angerichtet wurde. So was habe ich noch nie gesehen, Sir. Hören Sie, wenn Sie noch irgendwas brauchen ...«
»... dann gebe ich Ihnen Bescheid. Danke. Es ist besser, wenn ich das allein erledige. Dann kann ich mich besser konzentrieren.«
Mein Ruf schien Polizisten anzulocken, die auf große Fälle hungrig waren, was seine Vorteile haben kann. Doch jetzt wollte ich den Tatort allein auf mich wirken lassen. Angesichts der finsteren, stahlharten Blicke der Leute von der Spurensicherung, die ich gesehen hatte, als ich von der Rückseite des Hauses gekommen war, wusste ich, dass die Angelegenheit ganz schnell höchst schwierig werden würde.
Es zeigte sich später, dass ich auch nicht annähernd ahnte, wie dramatisch der Mord an dieser Familie tatsächlich war. Viel, viel dramatischer.
2 Sie wollten jemandem Angst einjagen, dachte ich, als ich einen hell erleuchteten, freundlich dekorierten Vorraum betrat. Aber
wem? Diesen Toten sicher nicht. Nicht dieser armen Familie, die aus weiß Gott welchen Gründen abgeschlachtet worden war.
Das Erdgeschoss erzählte eine finstere, unheilvolle Geschichte über den Mord. Fast jedes Möbelstück im Wohn- und Esszimmer war entweder umgekippt oder zerstört worden oder beides. In den Wänden klafften riesige Löcher, daneben Dutzende kleinerer. Ein antiker Kristallleuchter lag zerschellt auf einem bunten Orientteppich.
Der Tatort ergab keinen Sinn, und was schlimmer war: In meiner Laufbahn als Detective bei der Mordkommission hatte ich dergleichen bisher nicht gesehen.
Ein von Schüssen durchfurchtes Chesterfield-Sofa und eine gepolsterte Sitzbank waren an eine Wand geschoben worden, um Platz vor dem Kamin zu schaffen. Hier waren die Leichen gestapelt worden.
Obwohl sich mit Sicherheit sagen lässt, dass ich im Rahmen meiner Arbeit einen Haufen Mist erlebe, fühlte ich mich angesichts dieses ungeheuerlichen Tatorts wie vor den Kopf gestoßen.
Wie Fescoe angekündigt hatte, waren die Opfer aufgestapelt worden: der Vater, die Mutter und ganz oben der Sohn, alle mit dem Gesicht nach oben. Wände, Möbel und Decke waren mit Blut bespritzt, eine Lache hatte sich um die Leichen gebildet. Diese armen Menschen waren mit scharfen Werkzeugen angegriffen und ihnen waren einige Gliedmaßen abgetrennt worden.
»Jesus Maria«, flüsterte ich. Es war ein Gebet. Oder ein Fluch für die Mörder. Wahrscheinlich beides.
Einer der Fingerabdruckspezialisten flüsterte ein Amen.
Keiner blickte den anderen an. Durch einen Tatort dieses Kalibers beißt man sich allein. Und man versucht, das Haus seelisch wenigstens einigermaßen unversehrt wieder zu verlassen.
Das im Zimmer verteilte Blut legte nahe, dass die Familienmitglieder getrennt angegriffen und dann in die Mitte gezerrt worden waren.
Irgendetwas hatte diese unbändige Wut in den Mördern ausgelöst. Ja, ich stimmte Fescoe zu, dass es sich um mehrere Mörder handelte. Doch was genau war passiert? Was war der Grund für dieses Massaker? Drogen? Ein Ritual? Eine Psychose?
Eine Gruppenpsychose?
Ich legte die spontan strömenden Gedanken beiseite, um sie ein andermal zu bearbeiten. Zuerst die Methode, dann das Motiv.
Langsam ging ich um die Leichen und Leichenteile herum, sorgfältig die Blutlachen meidend. Die Schnittverletzungen schienen in keinem Zusammenhang zu stehen. Die Morde eigentlich auch nicht.
Die Kehle des Sohnes war durchgeschnitten, auf der Stirn des Vaters prangte eine Schussverletzung, und der Kopf der Mutter war auf unnatürliche Weise verdreht, als hätte man ihr den Hals gebrochen.
Ich ging einmal um die Leichen herum, um der Mutter ins Gesicht zu blicken. Sie schien direkt zu mir aufzuschauen, fast hoffnungsvoll, als könnte ich sie noch retten.
Ich beugte mich nach unten, um sie mir genauer anzusehen, bis mir plötzlich schwindlig wurde. Meine Knie wurden weich. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah.
Oh, nein! Oh, mein Gott, nein!
Mir wurde schwarz vor Augen, als ich zurücktrat und auf ei¬nem Blutfleck ausrutschte. Um den Sturz abzufedern, streckte ich die Arme aus und zog mit den Handschuhen eine dunkel¬rote Spur über den Boden.
Mit Ellie Randalls Blut. Nicht dem von Ellie Cox, sondern dem von Ellie Randall!
Ich kannte sie – zumindest hatte ich sie einmal gekannt.
Vor langer, langer Zeit, während unseres Studiums in George¬town, war Ellie meine Freundin gewesen. Wahrscheinlich war sie die erste Frau gewesen, die ich geliebt hatte.
Und jetzt war Ellie mitsamt ihrer Familie ermordet worden.
Übersetzung: Helmut Splinter
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009
by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
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Autoren-Porträt von James Patterson
James Patterson, geboren 1947, war Kreativdirektor bei einer großen amerikanischen Werbeagentur. Seine Thriller um den Kriminalpsychologen Alex Cross machten ihn zu einem der erfolgreichsten Bestsellerautoren der Welt. Auch die Romane seiner packenden Thrillerserie um Detective Lindsay Boxer und den »Women's Murder Club« erreichen durchweg die Spitzenplätze der internationalen Bestsellerlisten. Regelmäßig tut er sich für seine Bücher mit anderen namhaften Autoren oder Stars zusammen wie mit Dolly Parton für den »New York Times«-Nr.-1-Bestseller »Run, Rose, Run«. James Patterson lebt mit seiner Familie in Palm Beach und Westchester County, N.Y.
Bibliographische Angaben
- Autor: James Patterson
- 2010, 367 Seiten, Maße: 12,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Helmut Splinter
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442372666
- ISBN-13: 9783442372669
- Erscheinungsdatum: 16.07.2010
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