In den Farben des Dunkels

In den Farben des Dunkels von Chris Whitaker kommt mit einem recht bunten Cover daher, wobei dieses Buntheit den Blick auf einen See und einen Wald umgibt. Für mich ist dieses Cover ein Sinnbild des gesamten Buch, denn es wird die Farbe der Liebe, der Hoffnung, der Hoffnungslosigkeit, der Freundschaft und das dunkle Entsetzen der menschlichen Abgründe. Dennoch umgibt die Geschichte von Patch und Saint so viel mehr, besonders durch den Aspekt das der Leser beiden Personen über 30 Jahre lang folgt und sich kaum lösen kann. Obwohl In den Farben des Dunkels mit seinen fast 600 Seiten keines falls und in jeglicher Form ein leichtes buch ist, gelingt es dem Autor doch den Leser von der ersten Seite an gefangen zu nehmen und ihn selbst nach Beendigung des Buches noch an die Schwingungen des Buches zu halten.



Darum geht es
Patch, der Pirat, hat nur ein Auge und trägt daher eine Augenklappe. Er lebt zusammen mit seiner Mutter in Monta Clare und hat eigentlich keine Freunde.
Saint, das Mädchen mit der dicken Brille und dem Zopf, lebt bei ihrer Großmutter, die Busfahrerin. Eines Tages als Saint nach etlichen Versuche Freunde zu finden steht Patch vor ihr. Zwischen den beiden entwickelt sich so etwas wie Freundschaft und Saint ist vielleicht auch etwas verliebt in den Piraten.

Eines Morgens auf dem Weg zur Schule begibt sich Patch in den Wald und rettet somit eine seiner Mitschülerinnen vor einer Entführung. Anstelle von Misty wird er nun zur Geisel und ist 307 Tage lang verschwunden. Diese Tage verbringt in völliger Dunkelheit doch da ist auch dieses Mädchen Grace. Sie schafft es das Patch Hoffnung behält und überlebt. Doch ist Grace wirklich echt oder bildet er sie sich nur ein um zu überleben? Während seiner Gefangenschaft gibt Saint niemals auf ihren Freund zu finden. Niemals und schließlich gelingt es ihr das Versteck zu finden und Patch das Leben zu retten. Doch nichts ist mehr so wie es war, denn Patch hat sich verändert und will einfach nur seine Grace finden.

Dieser Punkt verbindet die beiden über Jahrzehnte. Obwohl beide getrennte Wege gehen, Saint wird Polizistin und Patch malt wahre Kunstwerke von entführten und vermissten Mädchen, vereint doch beide der Gedanke Grace zu finden. Saint ist zwar mittlerweile verheiratet, aber dennoch gibt sie niemals auf um ihren Freund, den Piraten der schon lange nicht mehr ist wieder zu bekommen.

Chris Whitaker führt den Leser mühelos durch die Leben und Obsessionen von Patch, Saint und Misty, zeigt aber auch die Veränderungen in Monta Clare und den USA auf. Den Fokus auf die Menschen legend, nicht unbedingt nur auf die Suche des Täters von vor 30 Jahren sondern auf den Wert von Freundschaft und Glauben.
In den Farben des Dunkels ist ein so tiefgreifendes Buch von einem gefühlvollen und klaren Autor, dass unvergleichbar steht und nicht in ein eindeutiges Genre gesetzt werden kann. Dies ist keinesfalls ein Makel sondern genau das Herausstechende!

Zwischen Bangen und Hoffen, Trauer, Wut, Liebe und Hoffnung, aber auch der Erkenntnis der Grausamkeit des Lebens, all das ist In den Farben des Dunkels

Es gibt immer diesen einen Moment, der das Leben verändert, aus den Bahnen gerät. Und dieser Moment widerfährt dem 13-jährigem Patch, als er bemerkt, wie Misty, sein heimlicher Schwarm, von einem fremden Mann bedrängt wird. Er eilt ihr zur Hilfe, und ist am Ende selbst in den Fängen dieses Mannes und gilt ab diesem Tag als vermisst. Saint seine Freundin macht sich Sorgen, beide wie Bruder und Schwester aufgewachsen, und gibt nicht auf ihn zu finden, was ihr dann auch nach einiger Zeit gelingt. Doch niemand will Patch glauben, dass er nicht allein gefangen war, sondern auch das Mädchen Grace, was die Polizei als eine Erfindung von ihm hält. So beginnt er selbst eine Suche, die ihn quer durch die Vereinigten Staaten führt, und nicht immer gesetzestreu abläuft. Besessen davon, den Mann zu finden, der Schuld am Verschwinden zahlreicher Mädchen ist, und nach Grace. Saint hilft ihm dabei, aber auf ihre Art als Polizistin, die sie seinetwegen wurde.

Das ist der Ausgangspunkt der Handlung, während dessen sich noch viele Verstrickungen, Enttäuschungen anbahnen. Patch, eigentlich Joseph, war immer der Junge, der von den anderen Jungs als Opfer angesehen wurde. Mit einer Augenklappe verdeckte er sein nicht sehendes Auge, daher sah er viel mehr, als mancher mit seinen zwei Augen. Er war mir sofort ans Herz gewachsen, mit seiner schlaksigen, gutmütigen und liebevollen Art. Saint bleibt stets die beste Freundin, auch wenn sie nicht alles billigt, aber die Liebe zu ihm reißt sie mit.

Die Handlung liest sich trotz seines Umfangs fließend, was natürlich auch an dem spannenden Schreibstil liegt. Kleine Kapitel, manchmal sogar keine Seite lang, lassen genügend Raum, um dem Geschehen zu folgen, welches von 1975 bis 2001 währt. Allerdings hätte der Mittelteil auch etwas kürzer ausfallen können, aber der Autor wollte auch anderen Personen genügend Raum geben, die auch entscheidend für das Gesamtbild waren, die Geschichte prägten. Oft fragte ich mich, was hätte Patch für ein Leben haben können, wäre nicht dieser einzige Moment gewesen, der es zerstörte. Doch dieser schicksalhafte Moment ließ einen anderen, ruhelosen, schon fast von seiner Obsession zerfressenen Menschen werden.

Ich kann das Buch nur empfehlen, da es viele Genres in sich vereint. Nicht nur ein spannender, sondern auch mit viel Liebe gefüllter Roman ist, der dunkle, aber auch erhellende Seiten in sich trägt. Ich hatte bereits "Von hier bis zum Anfang" von Chris Whitaker gelesen, daher griff ich voller Vorfreude nach diesem Buch, und wurde auch diesmal nicht enttäuscht.