Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3
Historischer Roman
20 Jahre lang währte der Kreuzzug im Heiligen Land. 20 Jahre, die Arn Magnusson von seiner Heimat Götaland und seiner Geliebten Cecilia getrennt war. Nun kehrt der Tempelritter heim, doch sein Glück ist nur von kurzer Dauer: Cecilia...
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Produktinformationen zu „Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3 “
20 Jahre lang währte der Kreuzzug im Heiligen Land. 20 Jahre, die Arn Magnusson von seiner Heimat Götaland und seiner Geliebten Cecilia getrennt war. Nun kehrt der Tempelritter heim, doch sein Glück ist nur von kurzer Dauer: Cecilia fällt einer Intrige zum Opfer und der erbitterte Streit um die Krone droht Götaland in einen verhängnisvollen Krieg zu stürzen.
Klappentext zu „Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3 “
Zwanzig lange Jahre währte der Kreuzzug im Heiligen Land. Zwanzig Jahre, die Arn Magnusson von seiner Heimat Götaland und seiner Geliebten Cecilia getrennt war. Nun kehrt der Tempelritter heim, doch das Glück des Paares ist nur von kurzer Dauer. Cecilia fällt einer Intrige zum Opfer, und der erbitterte Streit um die Krone droht Götaland in einen verhängnisvollen Krieg zu stürzen.Schwedens erfolgreichste historische Romanserie aller Zeiten.
Lese-Probe zu „Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3 “
Der Kreuzritter von Jan Guillou1
Im Jahr des Heils 1192, unmittelbar vor der Eskilsmesse, als die Nächte schon weiß wurden und das Setzen der Rüben bevorstand, brach ein mächtiges Unwetter über das Westliche Götaland herein. Es dauerte drei Tage und drei Nächte. Es schien, als sei die helle, verheißungsvolle Jahreszeit vorüber, und der Herbst habe begonnen. Trotz des Unwetters schliefen die meisten Brüder des Klosters Varnhem gut – in der Gewissheit, dass ihre Gebete die dunklen Kräfte fernhielten und dass das Unwetter bald nachlassen würde. Da schreckte Bruder Pietro im Torhaus plötzlich aus dem Schlaf hoch, denn er meinte, ein Geräusch gehört zu haben. Er richtete sich im Bett auf und lauschte, doch außerhalb der Mauern und der stabilen Eichentür des Torhauses waren nur das Heulen des Sturms, das Peitschen des Regens gegen die Dachziegel und die rauschenden Baumkronen der hohen Eschen zu vernehmen.
Aber dann hörte er es erneut. Es war, als schlüge eine Eisenfaust gegen die Tür. Entsetzt taumelte er aus dem Bett, griff nach seinem Rosenkranz und begann ein Gebet zu murmeln, an das er sich nicht so recht erinnern konnte, das ihn aber gegen die Kräfte des Bösen beschützen sollte. Er trat in das Torgewölbe und lauschte in die Dunkelheit.
Da hörte er es erneut dreimal laut klopfen, und ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Fremden durch das Tor zuzurufen, er solle sich zu erkennen geben. Pietro sprach Lateinisch, da diese Sprache gegen die Kräfte der Dunkelheit am meisten ausrichten konnte und da er zu schlaftrunken war, um die eigentümlich singende Sprache, die das Volk außerhalb der Mauern sprach, zustande zu bringen.
»Wer kommt in dieser Nacht auf den Wegen des Herrn?«, rief er durch das Tor.
»Ein Diener des Herrn mit reinen Absichten und in
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wichtigen Geschäften«, antwortete der Unbekannte in vollkommen fehlerfreiem Latein.
Das beruhigte Bruder Pietro, und er mühte sich eine Weile mit dem massiven Riegel aus schwarzem Schmiedeeisen ab, ehe er das Tor einen Spaltweit öffnen konnte.
Draußen stand ein Fremder in einem fußlangen Ledermantel mit Kapuze. Er stieß das Tor mit einer Kraft auf, der Bruder Pietro nichts entgegenzusetzen gehabt hätte, und trat unter das schützende Torgewölbe. Gleichzeitig schob er den Mönch vor sich her.
»Gottes Friede. Eine sehr lange Reise ist jetzt zu Ende gegangen. Aber wir wollen uns nicht im Dunkeln unterhalten, holt Eure Lampe im Torhaus, mein unbekannter Bruder«, sprach der Fremde.
Bruder Pietro tat, wie ihm geheißen worden war. Ihn beruhigte, dass sich der Fremde der Kirchensprache bediente und außerdem wusste, dass es im Torhaus eine Lampe gab. Dort machte er sich eine Weile an der letzten Glut im Kohlenbecken zu schaffen, ehe es ihm gelang, einen Docht anzuzünden, den er in eine Öllampe steckte. Als er erneut in das Gewölbe vor dem Torhaus schaute, wurden sowohl er selbst als auch der Fremde von dem Licht beleuchtet, das die weiß gekalkten Wände zurückwarfen. Der Fremde zog den Ledermantel aus, den er zum Schutz gegen den Regen getragen hatte, und schüttelte ihn. Unbewusst schnappte Bruder Pietro nach Luft, als er den weißen Waffenrock mit dem roten Kreuz sah. Aus seiner Zeit in Rom wusste er sehr gut, wen er da vor sich hatte. Ein Tempelritter war nach Varnhem gekommen.
»Ich heiße Arn de Gothia, und von mir habt Ihr nichts zu fürchten, Bruder, denn hier in Varnhem bin ich aufgezogen worden, und von hier bin ich damals ins Heilige Land geritten. Aber Euch kenne ich nicht. Wie heißt Ihr, Bruder?«
»Ich bin Bruder Pietro de Siena und seit zwei Jahren hier.«
»Ihr seid also neu. Sagt an, lebt Pater Henri noch?«
»Nein, er ist vor vier Jahren gestorben.«
»Lasst uns für seine Seligkeit beten«, sagte der Templer, bekreuzigte sich und senkte eine Weile den Kopf.
»Lebt Bruder Guilbert noch?«, fragte er weiter und sah wieder auf.
»Ja, Bruder, er ist ein alter Mann, hat aber noch viel Kraft.«
»Das erstaunt mich nicht. Wie heißt unser neuer Abt?«
»Er heißt Pater Guillaume de Bourges und kam vor drei Jahren zu uns.«
»Bis zur Frühmesse sind es noch fast zwei Stunden, aber wollt Ihr ihn trotzdem wecken und ihm sagen, dass Arn de Gothia nach Varnhem gekommen ist?«, fragte der Templer mit einem fast spöttischen Funkeln in den Augen.
»Ungern, Bruder. Pater Guillaume pflegt den Schlaf als eine Gabe Gottes zu bezeichnen, die es gut zu verwalten gilt«, erwiderte Bruder Pietro voller Unbehagen angesichts des Gedankens, Pater Guillaume in einer solchen Angelegenheit wecken zu müssen.
»Ich verstehe. Dann geht und weckt Bruder Guilbert und sagt ihm, sein Lehrjunge Arn de Gothia warte im Torhaus«, sagte der Templer in einem freundlichen, aber dennoch fordernden Ton.
»Auch Bruder Guilbert kann bisweilen sehr übellaunig sein … Außerdem kann ich in dieser furchtbaren Nacht meinen Posten im Torhaus doch nicht verlassen«, versuchte sich Bruder Pietro aus der Affäre zu ziehen.
»O nein!«, meinte der Templer und lachte kurz. »Zum einen könnt Ihr diese Wache vertrauensvoll einem der Tempelritter des Herrn überlassen, da ihr eine stärkere Vertretung nicht bekommen könnt, zum anderen schwöre ich, dass Ihr den alten Bären Guilbert mit einer guten Neuigkeit weckt. So! Geht jetzt, ich warte hier und versehe Eure Wache nach bestem Vermögen, das verspreche ich.«
Der Ton des Tempelritters schien keinen Widerspruch zu dulden. Bruder Pietro nickte schweigend und verschwand im Bogengang, der den kleinen Innenhof vor der eigentlichen Klausur umgab. In diese gelangte man durch ein weiteres Eichentor.
Es dauerte nicht lange, bis das Portal zwischen Klausur und Innenhof des Torhauses aufgerissen wurde. Eine wohlbekannte Stimme hallte von den weißen Gewölben wider. Bruder Guilbert kam mit großen Schritten und einer Fackel in der Hand den Gang entlang.
Er schien nicht mehr so groß wie früher, seine Ähnlichkeit mit einem Riesen war verschwunden. Als er den Fremden neben dem Portal erblickte, hob er die Fackel, um besser sehen zu können. Dann reichte er sie Bruder Pietro und trat einen Schritt vor, um Arn de Gothia zu umarmen. Eine ganze Weile sprachen die beiden kein Wort.
»Ich dachte, du seist vor Tiberias gefallen, mein lieber Arn«, sagte Bruder Guilbert schließlich auf Fränkisch.
»Das hat Pater Henri ebenfalls geglaubt, und wir haben deshalb viele unnötige Gebete für deine Seele gesprochen. «
»Die Gebete waren wohl doch nicht so unnötig. Immerhin kann ich dir dafür bereits in diesem Leben danken «, antwortete Arn de Gothia.
Dann schien keiner von ihnen zu wissen, was er noch sagen sollte. Sie mussten sich sehr zusammennehmen, um nicht unangemessen gefühlvoll zu werden.
»Bist du gekommen, um am Grab deiner Mutter zu beten?«, fragte Bruder Guilbert endlich, als würde er mit einem gewöhnlichen Reisenden sprechen.
»Ja, gewiss will ich das tun«, antwortete der Tempelritter im selben Ton. »Aber ich habe auch einiges andere hier in Varnhem zu besorgen, und ich muss dich um Hilfe bei einigen Kleinigkeiten bitten, die zuerst erledigt sein wollen, ehe ich mich an die großen Dinge mache.«
»Du weißt, dass ich dir bei allem helfe. Sag, worum es geht, dann fangen wir an.«
»Ich habe draußen im Regen zwanzig Mann und zehn Wagen stehen. Die Wagen sind schwer beladen, und die ersten drei sollten besser innerhalb der Mauern untergebracht werden«, entgegnete der Templer schnell, als würde er über etwas ganz Alltägliches sprechen, obwohl die Wagen, die von Mauern geschützt werden mussten, sicher sehr wichtig waren.
Ohne zu antworten, nahm der stattliche Bruder Guilbert dem jungen Bruder Pietro die Fackel aus der Hand und trat in den Regen hinaus. Vor der Pforte des Torhauses standen tatsächlich zehn lehmbespritzte Karren, die eine schwere Reise hinter sich haben mussten. Die Männer, die zusammengekauert dasaßen und die Zügel der Ochsengespanne hielten, wirkten so, als hätten sie keine sonderliche Lust weiterzureisen.
Bruder Guilbert lachte, als er sie sah, schüttelte belustigt den Kopf, rief den jüngeren Klosterbruder heran und begann Befehle zu geben, als sei er nicht Zisterziensermönch, sondern Tempelritter.
Weniger als eine Stunde dauerte es, bis alles für die Besucher vorbereitet war. Eine der vielen Regeln Varnhems besagte, dass nächtliche Reisende mit einer Gastfreundschaft aufgenommen werden mussten, als seien sie der Herr höchstpersönlich. Das Hospitium von Varnhem lag ausgestorben und dunkel vor den Klostermauern, da während des Unwetters der vergangenen Tage nur wenige Reisende unterwegs gewesen waren. Bald waren sämtliche Gäste untergebracht und verköstigt. Anschließend öffneten Bruder Guilbert und Arn de Gothia das große und schwere Klostertor, so dass die drei Wagen, die den Schutz der Mauern benötigten, auf den Innenhof neben die Werkstätten gefahren werden konnten.
Die Ochsen wurden abgezäumt und für die Nacht in die Ställe gebracht. Als diese Arbeit beendet war, ließ der Regen nach, und die schwarzen Wolken rissen auf. Das Wetter schlug um. Bis zur Frühmesse dauerte es jedoch noch eine Weile. Bruder Guilbert ging vor seinem Gast her zur Kirche und schloss auf. Wortlos traten sie ein, und Arn blieb neben dem Taufbecken am Portal stehen. Er zog seinen weißen Ledermantel aus und legte ihn auf den Boden. Dann deutete er mit einem fragenden Blick auf das Wasser im Taufbecken, und sein älterer Begleiter nickte bejahend. Arn zog sein Schwert, tauchte die Hand halb ins Wasser und strich mit drei Fingern über die Breitseite seiner Waffe, ehe er diese wieder in die Scheide steckte.
Dann tauchte er die Hand erneut in das heilige Nass und berührte Stirn, Schultern und Brust. Die beiden Männer gingen nebeneinander her den Mittelgang entlang, ließen sich schließlich auf die Knie fallen und beteten still, bis sie die Klosterbrüder zur Frühmesse kommen hörten. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Arn kannte die Klosterregeln über die stillen Stunden genauso gut wie die Mönche.
Als sich alle zum Gesang versammelt hatten, war das Unwetter vorüber, und die Vögel zwitscherten im ersten Tageslicht.
Pater Guillaume de Bourges kam als Erster durch das Seitenschiff. Die beiden Betenden erhoben sich und verbeugten sich schweigend, und Pater Guillaume verbeugte sich ebenfalls. Dann entdeckte er das Schwert des Ritters und sah entrüstet aus. Bruder Guilbert deutete auf Arns rotes Templerkreuz und dann auf den Taufstein hinter dem Portal, worauf Pater Guillaume nickte und mit einem Lächeln zeigte, dass er verstanden habe.
Bruder Guilbert erklärte seinem weit gereisten Freund in der heimlichen Zeichensprache des Klosters, dass der neue Abt die Schweigeregel sehr ernst nehme. Während des Gesangs, an dem Arn de Gothia wie alle anderen teilnahm, da er die Psalmen auswendig konnte, blickte er von Bruder zu Bruder. Jetzt wurde es in der Kirche immer heller, und allmählich waren die Gesichter zu erkennen. Etwa ein Drittel der Männer erkannte den Templer und erwiderte den Gruß, als er ihnen zunickte, die meisten waren ihm jedoch vollkommen unbekannt. Als der Gesang vorbei war, begannen die Mönche ihre Prozession hinaus auf den Kreuzgang. Pater Guillaume kam auf Bruder Guilbert zu und gab ihm ein Zeichen, dass er nach dem Frühstück mit beiden sprechen wolle, und sie verbeugten sich zum Zeichen, dass sie ihn verstanden hätten.
Arn und Bruder Guilbert gingen schweigend durch das Kirchenportal, am Hof mit den Werkstätten vorbei und hinunter zu den Pferdekoppeln. Die Morgensonne war strahlend und rot aufgegangen, und Vogelgezwitscher war von allen Seiten zu hören. Endlich würde es wieder einen schönen Sommertag geben.
Als Erstes gingen sie zur Koppel mit den Hengsten.
Der Templer ergriff den oberen Balken der Umzäunung mit beiden Händen und schwang sich in einem Satz auf die andere Seite.
Dann gab er übertrieben höfisch Bruder Guilbert ein Zeichen, es ihm gleichzutun. Doch dieser schüttelte lächelnd den Kopf und kletterte langsam und bedächtig über den Zaun. Am anderen Ende der Koppel standen zehn Hengste, die noch nicht recht zu wissen schienen, was sie von dem Mann in Weiß halten sollten. »Nun, mein lieber Arn«, sagte Bruder Guilbert, der ohne weiteres das Schweigegebot brach, das bis nach dem Frühstück galt, »hast du jetzt endlich die Sprache der Pferde gelernt?«
Arn warf ihm einen langen, prüfenden Blick zu, ehe er langsam und vielsagend nickte. Dann pfiff er so, dass die Hengste am anderen Ende der Koppel die Ohren aufstellten. Und schließlich rief er ihnen leise in der Sprache der Pferde zu: »Im Namen des Barmherzigen und Gnadenreichen, ihr, die ihr die Söhne des Windes seid, kommt zu euren Brüdern und Beschützern!«
Die Pferde stellten die Ohren auf und lauschten aufmerksam.
Dann begann ein kräftiger Schimmel langsam auf sie zuzugehen, und die anderen folgten ihm. Als der Schimmel den Schwanz hob und zu traben begann, wurden auch die übrigen Pferde schneller, und schließlich galoppierten sie, dass die Erde zitterte.
»Beim Propheten, der Friede sei mit ihm, du hast da unten in Outremer wahrhaftig die Sprache der Pferde gelernt «, flüsterte Bruder Guilbert auf Arabisch.
»Das ist wahr«, antwortete Arn in derselben Sprache und breitete seinen weißen Umhang aus, um die heranstürmenden Hengste zu bremsen, »und du scheinst dich auch immer noch an die Sprache zu erinnern, von der ich tatsächlich einmal geglaubt habe, es sei die Zunge der Pferde und nicht die der Ungläubigen.«
Sie saßen beide auf, wobei Bruder Guilbert sein Pferd zum Zaun führen musste, um sich beim Aufsteigen abzustützen. Dann ritten sie ohne Sättel im Kreis und hielten sich nur mit der linken Hand leicht an der Mähne fest. Arn fragte, ob die Leute im Westlichen Götaland den Wert dieser Pferde noch immer nicht begriffen hätten, und Bruder Guilbert bestätigte ihm das mit einem Seufzer. Überall in der Welt der Zisterzienser waren Pferde eine begehrte Handelsware, nur nicht hier oben im Norden. Hierher war die berittene Kriegskunst noch nicht gekommen, und deswegen waren diese Pferde sogar eher weniger wert als die einheimischen Pferde.
Arn war verblüfft und wollte wissen, ob seine Landsleute immer noch nicht glaubten, dass die Reiterei im Krieg von Nutzen sein könne. Bruder Guilbert nickte wiederum seufzend. Nordische Männer ritten in den Krieg, stiegen von ihren Pferden und banden sie fest, um dann auf der nächsten Wiese mit Hieben und Schlägen übereinander herzufallen.
Schließlich konnte Bruder Guilbert seine Fragen nicht mehr zurückhalten, die er am liebsten schon gestellt hätte, als er seinen, wie er glaubte, verlorenen Sohn, tropfnass vom Regen und schmutzig von der langen Reise, draußen im Torhaus gesehen hatte, und Arn begann mit seinen sehr langen Erzählungen.
Übersetzung: Holger Wolandt
Copyright © der Übersetzung Piper Verlag GmbH, München
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House
Das beruhigte Bruder Pietro, und er mühte sich eine Weile mit dem massiven Riegel aus schwarzem Schmiedeeisen ab, ehe er das Tor einen Spaltweit öffnen konnte.
Draußen stand ein Fremder in einem fußlangen Ledermantel mit Kapuze. Er stieß das Tor mit einer Kraft auf, der Bruder Pietro nichts entgegenzusetzen gehabt hätte, und trat unter das schützende Torgewölbe. Gleichzeitig schob er den Mönch vor sich her.
»Gottes Friede. Eine sehr lange Reise ist jetzt zu Ende gegangen. Aber wir wollen uns nicht im Dunkeln unterhalten, holt Eure Lampe im Torhaus, mein unbekannter Bruder«, sprach der Fremde.
Bruder Pietro tat, wie ihm geheißen worden war. Ihn beruhigte, dass sich der Fremde der Kirchensprache bediente und außerdem wusste, dass es im Torhaus eine Lampe gab. Dort machte er sich eine Weile an der letzten Glut im Kohlenbecken zu schaffen, ehe es ihm gelang, einen Docht anzuzünden, den er in eine Öllampe steckte. Als er erneut in das Gewölbe vor dem Torhaus schaute, wurden sowohl er selbst als auch der Fremde von dem Licht beleuchtet, das die weiß gekalkten Wände zurückwarfen. Der Fremde zog den Ledermantel aus, den er zum Schutz gegen den Regen getragen hatte, und schüttelte ihn. Unbewusst schnappte Bruder Pietro nach Luft, als er den weißen Waffenrock mit dem roten Kreuz sah. Aus seiner Zeit in Rom wusste er sehr gut, wen er da vor sich hatte. Ein Tempelritter war nach Varnhem gekommen.
»Ich heiße Arn de Gothia, und von mir habt Ihr nichts zu fürchten, Bruder, denn hier in Varnhem bin ich aufgezogen worden, und von hier bin ich damals ins Heilige Land geritten. Aber Euch kenne ich nicht. Wie heißt Ihr, Bruder?«
»Ich bin Bruder Pietro de Siena und seit zwei Jahren hier.«
»Ihr seid also neu. Sagt an, lebt Pater Henri noch?«
»Nein, er ist vor vier Jahren gestorben.«
»Lasst uns für seine Seligkeit beten«, sagte der Templer, bekreuzigte sich und senkte eine Weile den Kopf.
»Lebt Bruder Guilbert noch?«, fragte er weiter und sah wieder auf.
»Ja, Bruder, er ist ein alter Mann, hat aber noch viel Kraft.«
»Das erstaunt mich nicht. Wie heißt unser neuer Abt?«
»Er heißt Pater Guillaume de Bourges und kam vor drei Jahren zu uns.«
»Bis zur Frühmesse sind es noch fast zwei Stunden, aber wollt Ihr ihn trotzdem wecken und ihm sagen, dass Arn de Gothia nach Varnhem gekommen ist?«, fragte der Templer mit einem fast spöttischen Funkeln in den Augen.
»Ungern, Bruder. Pater Guillaume pflegt den Schlaf als eine Gabe Gottes zu bezeichnen, die es gut zu verwalten gilt«, erwiderte Bruder Pietro voller Unbehagen angesichts des Gedankens, Pater Guillaume in einer solchen Angelegenheit wecken zu müssen.
»Ich verstehe. Dann geht und weckt Bruder Guilbert und sagt ihm, sein Lehrjunge Arn de Gothia warte im Torhaus«, sagte der Templer in einem freundlichen, aber dennoch fordernden Ton.
»Auch Bruder Guilbert kann bisweilen sehr übellaunig sein … Außerdem kann ich in dieser furchtbaren Nacht meinen Posten im Torhaus doch nicht verlassen«, versuchte sich Bruder Pietro aus der Affäre zu ziehen.
»O nein!«, meinte der Templer und lachte kurz. »Zum einen könnt Ihr diese Wache vertrauensvoll einem der Tempelritter des Herrn überlassen, da ihr eine stärkere Vertretung nicht bekommen könnt, zum anderen schwöre ich, dass Ihr den alten Bären Guilbert mit einer guten Neuigkeit weckt. So! Geht jetzt, ich warte hier und versehe Eure Wache nach bestem Vermögen, das verspreche ich.«
Der Ton des Tempelritters schien keinen Widerspruch zu dulden. Bruder Pietro nickte schweigend und verschwand im Bogengang, der den kleinen Innenhof vor der eigentlichen Klausur umgab. In diese gelangte man durch ein weiteres Eichentor.
Es dauerte nicht lange, bis das Portal zwischen Klausur und Innenhof des Torhauses aufgerissen wurde. Eine wohlbekannte Stimme hallte von den weißen Gewölben wider. Bruder Guilbert kam mit großen Schritten und einer Fackel in der Hand den Gang entlang.
Er schien nicht mehr so groß wie früher, seine Ähnlichkeit mit einem Riesen war verschwunden. Als er den Fremden neben dem Portal erblickte, hob er die Fackel, um besser sehen zu können. Dann reichte er sie Bruder Pietro und trat einen Schritt vor, um Arn de Gothia zu umarmen. Eine ganze Weile sprachen die beiden kein Wort.
»Ich dachte, du seist vor Tiberias gefallen, mein lieber Arn«, sagte Bruder Guilbert schließlich auf Fränkisch.
»Das hat Pater Henri ebenfalls geglaubt, und wir haben deshalb viele unnötige Gebete für deine Seele gesprochen. «
»Die Gebete waren wohl doch nicht so unnötig. Immerhin kann ich dir dafür bereits in diesem Leben danken «, antwortete Arn de Gothia.
Dann schien keiner von ihnen zu wissen, was er noch sagen sollte. Sie mussten sich sehr zusammennehmen, um nicht unangemessen gefühlvoll zu werden.
»Bist du gekommen, um am Grab deiner Mutter zu beten?«, fragte Bruder Guilbert endlich, als würde er mit einem gewöhnlichen Reisenden sprechen.
»Ja, gewiss will ich das tun«, antwortete der Tempelritter im selben Ton. »Aber ich habe auch einiges andere hier in Varnhem zu besorgen, und ich muss dich um Hilfe bei einigen Kleinigkeiten bitten, die zuerst erledigt sein wollen, ehe ich mich an die großen Dinge mache.«
»Du weißt, dass ich dir bei allem helfe. Sag, worum es geht, dann fangen wir an.«
»Ich habe draußen im Regen zwanzig Mann und zehn Wagen stehen. Die Wagen sind schwer beladen, und die ersten drei sollten besser innerhalb der Mauern untergebracht werden«, entgegnete der Templer schnell, als würde er über etwas ganz Alltägliches sprechen, obwohl die Wagen, die von Mauern geschützt werden mussten, sicher sehr wichtig waren.
Ohne zu antworten, nahm der stattliche Bruder Guilbert dem jungen Bruder Pietro die Fackel aus der Hand und trat in den Regen hinaus. Vor der Pforte des Torhauses standen tatsächlich zehn lehmbespritzte Karren, die eine schwere Reise hinter sich haben mussten. Die Männer, die zusammengekauert dasaßen und die Zügel der Ochsengespanne hielten, wirkten so, als hätten sie keine sonderliche Lust weiterzureisen.
Bruder Guilbert lachte, als er sie sah, schüttelte belustigt den Kopf, rief den jüngeren Klosterbruder heran und begann Befehle zu geben, als sei er nicht Zisterziensermönch, sondern Tempelritter.
Weniger als eine Stunde dauerte es, bis alles für die Besucher vorbereitet war. Eine der vielen Regeln Varnhems besagte, dass nächtliche Reisende mit einer Gastfreundschaft aufgenommen werden mussten, als seien sie der Herr höchstpersönlich. Das Hospitium von Varnhem lag ausgestorben und dunkel vor den Klostermauern, da während des Unwetters der vergangenen Tage nur wenige Reisende unterwegs gewesen waren. Bald waren sämtliche Gäste untergebracht und verköstigt. Anschließend öffneten Bruder Guilbert und Arn de Gothia das große und schwere Klostertor, so dass die drei Wagen, die den Schutz der Mauern benötigten, auf den Innenhof neben die Werkstätten gefahren werden konnten.
Die Ochsen wurden abgezäumt und für die Nacht in die Ställe gebracht. Als diese Arbeit beendet war, ließ der Regen nach, und die schwarzen Wolken rissen auf. Das Wetter schlug um. Bis zur Frühmesse dauerte es jedoch noch eine Weile. Bruder Guilbert ging vor seinem Gast her zur Kirche und schloss auf. Wortlos traten sie ein, und Arn blieb neben dem Taufbecken am Portal stehen. Er zog seinen weißen Ledermantel aus und legte ihn auf den Boden. Dann deutete er mit einem fragenden Blick auf das Wasser im Taufbecken, und sein älterer Begleiter nickte bejahend. Arn zog sein Schwert, tauchte die Hand halb ins Wasser und strich mit drei Fingern über die Breitseite seiner Waffe, ehe er diese wieder in die Scheide steckte.
Dann tauchte er die Hand erneut in das heilige Nass und berührte Stirn, Schultern und Brust. Die beiden Männer gingen nebeneinander her den Mittelgang entlang, ließen sich schließlich auf die Knie fallen und beteten still, bis sie die Klosterbrüder zur Frühmesse kommen hörten. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Arn kannte die Klosterregeln über die stillen Stunden genauso gut wie die Mönche.
Als sich alle zum Gesang versammelt hatten, war das Unwetter vorüber, und die Vögel zwitscherten im ersten Tageslicht.
Pater Guillaume de Bourges kam als Erster durch das Seitenschiff. Die beiden Betenden erhoben sich und verbeugten sich schweigend, und Pater Guillaume verbeugte sich ebenfalls. Dann entdeckte er das Schwert des Ritters und sah entrüstet aus. Bruder Guilbert deutete auf Arns rotes Templerkreuz und dann auf den Taufstein hinter dem Portal, worauf Pater Guillaume nickte und mit einem Lächeln zeigte, dass er verstanden habe.
Bruder Guilbert erklärte seinem weit gereisten Freund in der heimlichen Zeichensprache des Klosters, dass der neue Abt die Schweigeregel sehr ernst nehme. Während des Gesangs, an dem Arn de Gothia wie alle anderen teilnahm, da er die Psalmen auswendig konnte, blickte er von Bruder zu Bruder. Jetzt wurde es in der Kirche immer heller, und allmählich waren die Gesichter zu erkennen. Etwa ein Drittel der Männer erkannte den Templer und erwiderte den Gruß, als er ihnen zunickte, die meisten waren ihm jedoch vollkommen unbekannt. Als der Gesang vorbei war, begannen die Mönche ihre Prozession hinaus auf den Kreuzgang. Pater Guillaume kam auf Bruder Guilbert zu und gab ihm ein Zeichen, dass er nach dem Frühstück mit beiden sprechen wolle, und sie verbeugten sich zum Zeichen, dass sie ihn verstanden hätten.
Arn und Bruder Guilbert gingen schweigend durch das Kirchenportal, am Hof mit den Werkstätten vorbei und hinunter zu den Pferdekoppeln. Die Morgensonne war strahlend und rot aufgegangen, und Vogelgezwitscher war von allen Seiten zu hören. Endlich würde es wieder einen schönen Sommertag geben.
Als Erstes gingen sie zur Koppel mit den Hengsten.
Der Templer ergriff den oberen Balken der Umzäunung mit beiden Händen und schwang sich in einem Satz auf die andere Seite.
Dann gab er übertrieben höfisch Bruder Guilbert ein Zeichen, es ihm gleichzutun. Doch dieser schüttelte lächelnd den Kopf und kletterte langsam und bedächtig über den Zaun. Am anderen Ende der Koppel standen zehn Hengste, die noch nicht recht zu wissen schienen, was sie von dem Mann in Weiß halten sollten. »Nun, mein lieber Arn«, sagte Bruder Guilbert, der ohne weiteres das Schweigegebot brach, das bis nach dem Frühstück galt, »hast du jetzt endlich die Sprache der Pferde gelernt?«
Arn warf ihm einen langen, prüfenden Blick zu, ehe er langsam und vielsagend nickte. Dann pfiff er so, dass die Hengste am anderen Ende der Koppel die Ohren aufstellten. Und schließlich rief er ihnen leise in der Sprache der Pferde zu: »Im Namen des Barmherzigen und Gnadenreichen, ihr, die ihr die Söhne des Windes seid, kommt zu euren Brüdern und Beschützern!«
Die Pferde stellten die Ohren auf und lauschten aufmerksam.
Dann begann ein kräftiger Schimmel langsam auf sie zuzugehen, und die anderen folgten ihm. Als der Schimmel den Schwanz hob und zu traben begann, wurden auch die übrigen Pferde schneller, und schließlich galoppierten sie, dass die Erde zitterte.
»Beim Propheten, der Friede sei mit ihm, du hast da unten in Outremer wahrhaftig die Sprache der Pferde gelernt «, flüsterte Bruder Guilbert auf Arabisch.
»Das ist wahr«, antwortete Arn in derselben Sprache und breitete seinen weißen Umhang aus, um die heranstürmenden Hengste zu bremsen, »und du scheinst dich auch immer noch an die Sprache zu erinnern, von der ich tatsächlich einmal geglaubt habe, es sei die Zunge der Pferde und nicht die der Ungläubigen.«
Sie saßen beide auf, wobei Bruder Guilbert sein Pferd zum Zaun führen musste, um sich beim Aufsteigen abzustützen. Dann ritten sie ohne Sättel im Kreis und hielten sich nur mit der linken Hand leicht an der Mähne fest. Arn fragte, ob die Leute im Westlichen Götaland den Wert dieser Pferde noch immer nicht begriffen hätten, und Bruder Guilbert bestätigte ihm das mit einem Seufzer. Überall in der Welt der Zisterzienser waren Pferde eine begehrte Handelsware, nur nicht hier oben im Norden. Hierher war die berittene Kriegskunst noch nicht gekommen, und deswegen waren diese Pferde sogar eher weniger wert als die einheimischen Pferde.
Arn war verblüfft und wollte wissen, ob seine Landsleute immer noch nicht glaubten, dass die Reiterei im Krieg von Nutzen sein könne. Bruder Guilbert nickte wiederum seufzend. Nordische Männer ritten in den Krieg, stiegen von ihren Pferden und banden sie fest, um dann auf der nächsten Wiese mit Hieben und Schlägen übereinander herzufallen.
Schließlich konnte Bruder Guilbert seine Fragen nicht mehr zurückhalten, die er am liebsten schon gestellt hätte, als er seinen, wie er glaubte, verlorenen Sohn, tropfnass vom Regen und schmutzig von der langen Reise, draußen im Torhaus gesehen hatte, und Arn begann mit seinen sehr langen Erzählungen.
Übersetzung: Holger Wolandt
Copyright © der Übersetzung Piper Verlag GmbH, München
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House
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Autoren-Porträt von Jan Guillou
Jan Guillou wurde 1944 im schwedischen Södertälje geboren und ist einer der prominentesten Autoren seines Landes. Seine preisgekrönten Kriminalromane um den Helden Coq Rouge erreichten Millionenauflagen. Auch mit seiner historischen Romansaga um den Kreuzritter Arn gelang ihm ein Millionenseller, die Verfilmungen zählen in Schweden zu den erfolgreichsten aller Zeiten. Heute lebt Jan Guillou in Stockholm.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jan Guillou
- 2009, 605 Seiten, Maße: 11,7 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Holger Wolandt
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 345347094X
- ISBN-13: 9783453470941
- Erscheinungsdatum: 07.10.2009
Rezension zu „Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3 “
"Eine der großartigsten historischen Romanserien, die in den letzten Jahren aus Skandinavien gekommen ist."
Pressezitat
"Eine der großartigsten historischen Romanserien, die in den letzten Jahren aus Skandinavien gekommen ist." Le Monde
Kommentar zu "Rückkehr / Die Kreuzritter-Saga Bd.3"
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